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Nobelpreisträger Liu Xiaobo ist in Haft, seine Frau wird in ihrer Pekinger Wohnung festgehalten.

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Der Taiwanese Lian Chan erhält den "Konfuzius-Friedenspreis".

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Einen Tag vor der Zeremonie zur Vergabe des Friedensnobelpreises an den inhaftierten chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo in Oslo inszeniert Peking heute die Verleihung des "Konfuzius-Friedenspreises".

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Was hat Oslos Nobelpreiskomitee mit dem 38. Breitengrad zu tun, der Nord- und Südkorea seit dem Waffenstillstand von 1953 als verminter eiserner Vorhang trennt? Sehr viel, denn das Komitee hat dem "eingekerkerten Verbrecher" Liu Xiaobo den Nobelpreis verliehen. Damit aber habe es zwischen dem Westen und China einen "ideologischen 38. Breitengrad aufgebaut" , titelt die chinesische Ausgabe der Global Times. Ihre englische Version drückt es so aus: Mit dem Preis "errichten sie eine Mauer zwischen den Nationen" .

Peking wirft Oslo nun den Fehdehandschuh hin. Heute, Donnerstag, hebt es den ersten "Konfuzius-Friedenspreis" aus der Taufe. Die Global Times rief schon im November zum Showdown Konfuzius gegen Nobel auf: Ihr Kommentar nannte den nach dem altchinesischen Moralphilosophen benannten Preis passend "eine Waffe im Kampf der Ideen" .

Fünf Pekinger Akademiker um den Philosophieprofessor Tan Changliu von der Pädagogischen Universität, die dem Kulturministerium nahestehen, gründeten eine Initiative und setzten die Idee schnell um. Auf ihrer Shortlist standen am Ende acht Kandidaten von Bill Gates bis Nelson Mandela. Zum Preisträger 2010 wählten sie den ehemaligen Vizepräsidenten Taiwans Lian Chan. Am Donnerstag, einen Tag vor der Zeremonie in Oslo, soll Lian, der auch Ehrenpräsident der nationalen Kuomintang-Partei ist, für seine Bemühungen um die Annäherung Taiwans zu China das Preisgeld von umgerechnet 11.000 Euro erhalten.

Auf der Auswahlliste stand auch der heute 20 Jahre alte Pantschen Lama, der von China eingesetzte zweithöchste Würdenträger Tibets. Er wäre als Preisträger der ideale Gegenspieler für den einst in Oslo ausgezeichneten Dalai Lama, muss aber wahrscheinlich wegen seiner Jugend auf seine Wahl weiter warten.

Sicher ist nur, dass der ebenfalls aufgestellte Ex-US-Präsident Jimmy Carter, ein guter Freund Chinas, 2011 nicht mehr nominiert wird. Die Juroren wussten offenbar nicht, dass er sich Ende Oktober in einem offenen Brief für die Freilassung Liu Xiaobos einsetzte und Peking aufforderte, den Nobelpreis anzuerkennen. (Johnny Erling aus Peking /DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2010)