Wien - Was dem ÖBB-Konkurrenten Westbahn AG, den Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner im Dezember 2011 zwischen Wien und Salzburg ins Rennen schickt, blühen könnte, exerziert aktuell Italien vor: Wie man Wettbewerb im Schienenverkehr nachhaltig ver- und die Konkurrenz behindert. Trenitalia, die Personenverkehrssparte der Staatsbahn FS, ist dabei sehr kreativ - und hat den Schienenregulator im Verkehrsministerium in Rom hinter sich.

Der jüngste Zug der Behörde, der bereits mit dem Fahrplanwechsel am Sonntag in Kraft tritt: Sie untersagte LeNord, dem Joint-venture von ÖBB und Deutscher Bahn, per Bescheid, dass seine von Innsbruck über den Brenner nach Mailand geführten Züge an Haltestellen stehen bleiben. Erlaubt sind nur Stopps an Start- und Zielbahnhof.

Begründet wird die Vorgangsweise mit negativen wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Züge auf den subventionierten Regionalverkehr. „Das ist ganz klar übler Protektionismus, der in keiner Weise mit EU-Recht kompatibel ist", echauffiert sich die grüne, aus Südtirol stammende Europa-Abgeordnete Eva Lichtenberger. Sie hat die EU-Wettbewerbshüter eingeschaltet.

Das haben die Gesellschafter von LeNord, also ÖBB und DB, bereits getan. Sie haben bei der EU-Wettbewerbskommission Beschwerde eingelegt und versuchen darüber hinaus, den Spruch des italienischen Verkehrsministeriums via einstweiliger Verfügung durch ein Gericht in Rom außer Kraft zu setzen. Verhandeln will man auch mit dem Regulator.

Was die grüne EU-Parlamentarierin auf die Palme bringt: Dass Italien das seit Jänner 2010 verbriefte Recht auf Kabotage (Aufnahme und Absetzen von Passagieren an beliebigen Bahnhöfen) einschränkt, obwohl Financiers wie die Provinz Bozen keinerlei Beeinträchtigung gemeldet haben. „Beeinträchtigt fühlt sich lediglich Trenitalia", sagt Lichtenberger, „aber die fährt zwischen Innsbruck und Verona keine Schnellverbindungen mehr."

Teure Fahrt ohne Ticket

Änderungen und negative Auswirkungen bringt freilich auch die ÖBB ihren Fahrgästen mit dem Fahrplanwechsel: Ab Sonntag darf die ÖBB österreichweit schaffnerlos fahren. Zumindest theoretisch, denn in der Praxis werden nicht alle Zugbegleiter abgeschafft. Aber: Durch die Erlaubnis für den Null-Null-Betrieb gelten alle Nah- und Regionalverkehrsstrecken als Selbstbedienungsstrecken. Wird ein Bahnkunde ohne Fahrkarte angetroffen, muss er 65 Euro Strafe zahlen. Der Erwerb des Tickets beim Kontrollor ist nur möglich, wo es keinen Automaten gibt. Auch der Handyticketkauf muss vor Abfahrt des Zuges erfolgen. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 10. Dezember 2010)