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175 Schwangere wurden in die Studie aufgenommen.

Wien/Boston - Das könnte von großer Bedeutung für die Betreuung von opiatabhängigen Schwangeren und deren Babys werden: In einer aktuell im "New England Journal of Medicine" publizierten Studie zeigt ein Autorenteam unter Leitung der Wiener Suchtforscherin Gabriele Fischer (Universitätsklinik für Psychiatrie der MedUni Wien am AKH), dass Substitutionsbehandlung mit Buprenorphin offenbar Vorteile gegenüber einer mit dem herkömmlichen Methadon zeigt. Die Neugeborenen leiden vor allem weniger an Abstinenz-Symptomen.

"Die Ergebnisse bestätigen, dass Buprenophin eine akzeptable Behandlungsstrategie für opiatabhängige Schwangere ist", stellen Gabriele Fischer und ihre Co-Autoren in der Zusammenfassung fest. Der Hintergrund: Bei süchtigen Schwangeren ist eine gute medizinische Versorgung mit einer Substitutionstherapie von größter Wichtigkeit. Das schützt werdende Mutter und gleichzeitig auch das Ungeborene.

Methadon derzeit empfohlen

Doch hier gab es auch Probleme. Die Wissenschafter: "Methadon (...) ist die derzeit empfohlene Behandlungsoption für Opiatabhängigkeit während einer Schwangerschaft. Allerdings bringt die Exposition (des Ungeborenen, Anm.) gegenüber Methadon nach der Entbindung ein Abstinenz-Syndrom beim Neugeborenen mit sich (...)." Übererregtheit und Fehlfunktionen des autonomen Nervensystems sind die Folge. Die Kinder müssen mit Medikamenten zum Abfangen dieser Entzugserscheinungen behandelt werden. Weiters verlängert sich der Spitalsaufenthalt.

In den vergangenen Jahren wurde in der Drogenersatztherapie in Österreich zunehmend häufiger ein anderes Mittel, Buprenorphin, eingesetzt. Es ist recht gut verträglich und sicher. Beim Absetzen treten auch weniger Entzugserscheinungen auf.

Positive Effekte in ersten Lebenstagen

Genau diese Effekte wollten die Wissenschafter im Vergleich zu Methadon bei Schwangeren und deren Kindern beweisen: 175 Schwangere wurden in die Studie aufgenommen. Jeweils etwa die Hälfte bekam Methadon, die andere Buprenorphin. 18 Prozent der Frauen in der Methadon-Gruppe brachen die Teilnahme ab, ebenso 33 Prozent in der Buprenorphin-Gruppe.

131 Neugeborene und ihre Mütter (58 in der Buprenorphin-Gruppe, 73 in der Methadon-Gruppe) wurden nach der Entbindung nachverfolgt. Dabei zeigte sich, dass die Neugeborenen, deren Mütter mit Buprenophin substituiert worden waren, deutlich weniger Morphin als Medikament während der ersten Lebenstage benötigten. Die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthalts reduzierte sich von 17,5 auf zehn Tage, die Dauer des Abstinenzsyndroms von 9,9 auf 4,1 Tage.

Alle Kinder entwickelten sich genauso wie Babys von nicht opiatabhängigen Müttern. In der Phase unmittelbar nach der Geburt aber schnitten die Babys von mit Buprenorphin behandelten Frauen besser ab.

Selten Studien zur Medikamentenwirkung bei Schwangeren

Das Wiener Team von Gabriele Fischer arbeitete zusammen mit Ärzten der Universitätsklinken für Frauenheilkunde, Kinder- und Jugendheilkunde und der Klinischen Abteilung für Medizinisch-chemische Labordiagnostik und konnte größten Anteil zu den Daten beisteuern. Das Projekt wurde vom nationalen US-Institut für Gesundheit (NIH) mit 48 Millionen Dollar (36,3 Millionen Euro) finanziert. Es sollte auch eine Pionierarbeit für klinische Studien mit Schwangeren sein.

Gabriele Fischer in einer Aussendung der MedUni Wien: "Frauen insgesamt, aber speziell schwangere Frauen, sind nach wie vor deutlich benachteiligt, was Untersuchungen zur Medikamentenwirkung anbelangt, da sie aus wissenschaftlichen Studien meist ausgeschlossen sind und Medikationsauswirkungen auf Kinder häufig erst in deren Entwicklungsverlauf festgestellt werden können." (APA)