Wien - Sich gegen die Influenza - auch gegen eine Influenza-Pandemie - impfen zu lassen, zahlt sich aus. "Wir konnten in den Niederlanden 70 Prozent der Zielpopulation gegen H1N1 schützen - alte und chronisch Kranke, Kinder unter fünf Jahren und werdende Mütter im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel. International aber müssen wir unser Beobachtungsnetz bei der Influenza verbessern", sagte der niederländische Veterinär und international anerkannte Virus-Experte Ab Osterhaus (Rotterdam) bei einem Pressegespräch in Wien.

Osterhaus war ehemals Chef des Beratungskomitees der niederländischen Regierung in Sachen BSE, dann federführend an den internationalen Aktivitäten zur Kontrolle der "Vogelgrippe" (H5N1) beteiligt und schließlich vergangenes Jahr international gesuchter Experte in Sachen H1N1-Pandemie ("Schweinegrippe").

Überwachungssystem stärken

Der Fachmann: "Wenn wir aus der Pandemie des vergangenen Jahres etwas gelernt haben, dann das: "Wir müssen unser weltweites Überwachungssystem bei der Influenza weiter stärken. Es ist das derzeit beste für Infektionskrankheiten. Doch während wir eine neue Pandemie aus Asien erwarteten, gab es plötzlich ein neues Influenza-Virus in Mexiko. Und das musste erst die Grenze zu den USA überschreiten, um entdeckt zu werden. Da haben wir zwei bis drei Monate vertan. Eventuell hätten wir die Pandemie noch in ihrer 'Knospe' austreten können wie ehemals SARS. Oder wir hätten sie viel länger lokal unter Kontrolle halten können." Das gelang nicht, die Impfstoffe waren dann relativ spät zur Verfügung.

Eine zweite Forderung von Osterhaus bei der Pressekonferenz aus Anlass eines Treffens der europäischen wissenschaftlichen Studiengruppe in Sachen Influenza: "Wir haben in Europa nicht die notwendige Solidarität. Da gibt es Länder, die nichts haben, während andere alles haben. Das europäische Parlament hat schon im Jahr 2006 die Etablierung einer europäischen Task Force gefordert. Geschehen ist nichts."

Die hohe Beteiligung an den Pandemie-Impfungen in den Niederlanden mit 70 Prozent Abdeckung der Risikogruppen - die Niederlande hatten, so wie Österreich, einen Vertrag für die Lieferung von genug an Vakzinen für die gesamte Bevölkerung abgeschlossen - führte laut dem Fachmann zu einer relativ guten Kontrolle der Erkrankungswelle in dem Land. "Die Schutzrate lag bei 95 bis 97 Prozent, bei den über 65-Jährigen immerhin noch bei 83 Prozent und höher. Alle Pseudo-Experten, die erklärten, dass das nicht wirken würde, lagen falsch. Ebenso jene, die von Gefahren durch die Impfung sprachen. Man kann so etwas schon sagen und Kritik äußern. Aber man sollte dann auch die Verantwortung für die eigenen Äußerungen übernehmen."

Schwierige Prognosen

Entscheidend für den Erfolg bei der Pandemie-Impfung in den Niederlanden sei die Abwicklung durch die Hausärzte, vor allem Allgemeinmediziner, gewesen. Osterhaus: "In Frankreich, wo man ein anderes System wählte, gab es nur für fünf Prozent der Menschen einen Schutz." Österreich lag bei der Beteiligung der Menschen an der Pandemie-Impfung ebenfalls bei unter fünf Prozent. Was aus der Pandemie des vergangenen Jahres als saisonale Influenza des Jahres 2011 wird, kann niemand prognostizieren. Der Experte: "Die Influenza ist nicht vorhersagbar. In Neuseeland sind im Sommer wieder elf Menschen gestorben." Es gebe weiterhin die Gefahr, dass wieder ein neues Virus entstehe oder A(H1N1) eine hohe Resistenz gegen die antiviralen Medikamente erwerbe. (APA)