Reinhard Schwarzinger (ORF-Enterprise) nahm die goldenen Stauten in Vertretung der österreichischen Gewinner entgegen, Fernando Vega Olmos, Chairman JWT Worldwide, und Jurymitglied Martin W. Drexler. Neben Drexler jurierten in Hamburg Mario Kalchbrenner, Alexander Rabl und Stefan Rasch.

Foto: Eurobest

Das diesjährige Eurobest-Festival stand ganz im Zeichen schwedischer Kreativität. Schwedische Agenturen räumten vor allem im Bereich "Interactive" ab was das Zeug hielt. Und die Repräsentanz schwedischer Kreativer war gemessen am Besucher-Festival überproportional stark vertreten. Mit Vertretern von Werbe- oder Kreativagenturen wie Silver, der Primegroup, von "Bergs School of Communication", der "Swedish Association of Communication Agencies", um nur einige Beispiele zu nennen, zeigten die Schweden beeindruckend Flagge. Der schwedische Möbelgigant Ikea wurde zum Kunden, DDB Stockholm zur interaktiven Agentur des Jahres gewählt, gefolgt von Kokokaka aus Göteborg.

Beeindruckende Ausstellung über Helmut Krone

Claes Bergquist, selbst eine der Kreativ-Ikonen der "golden ages of advertising" und nach wie vor aktiver Lehrender an insgesamt vier Kreativschulen in Schweden, fungierte als begeisternder Kurator der Eurobest-Sonderausstellung über Helmut Krone. Dieser war einer der kreativsten und somit einflussreichsten Köpfe in der Geschichte der Werbung. Mit vollkommen neuen Konzepten für VW, Avis oder American Airlines änderte er das Bild der Werbung radikal. Krone war auch Erfinder des "Strategic planning" in der Werbung.

Das kürzlich erschienene "tour de force"-Buch "Helmut Krone. The Book. Creative Design & Art Direction (concept, form and meaning) after advertising's Creative Revolution" von Clive Challis sollte in keinem Kreativstudio fehlen.

Erfolg auch für Österreichs Kreative

Gemessen an den Einreichungen waren die österreichischen Kreativen mit sieben Auszeichnungen – von neun Shortlistnominierungen – durchaus erfolgreich. Mit zwei goldenen Eurobest-Awards, eine für das Labeldesign für Mario Haller Schnaps und "Tied up" für das Festival of Human Rights, konnten Österreichs Kreative souverän punkten. Wobei hier anzumerken ist, dass zumindest eine der vergoldeten Kreativarbeiten haarscharf an einem "Grand Prix" vorbeigeschrammt ist.

Wien "Eurobest" reif?

In anderer Hinsicht könnte Österreich in Zukunft beim Eurobest-Festival punkten. Für die Eurobest-Organisatoren ist Wien als Stadt mit nach wie vor intakter und wichtiger Mittlerrolle zwischen Ost und West auch innerhalb Europas, mit ihrer zentralen europäischen Lage, als hervorragender österreichischer Ausbildungsplatz für Medien-, Kommunikation und Design, sowie als lebendiger Agenturstandort höchst präsent.

Somit stellt sich die logisch dezente Frage, warum Wien nicht spannender Austragungsort für eine der nächsten Eurobest-Festivals sein könnte.
Hamburg war jedenfalls ein tolles Beispiel wie sich Kreativität für alle Beteiligten ideal rechnen kann. Lissabon hat im kommenden Jahr vor, dies zu beweisen. Die österreichische Repräsentanz ORF-Enterprise schmiedet zusammen mit den Eurobest-Organisatoren bereits Pläne für Wien als kommenden Austragungsort des größten europäischen Kreativfestivals.

Creativity goes mobile

Zu den spannenden Vorträgen an den beiden Tagen der Eurobest zählten sicherlich jener von Michael Wall, CEO von Lowe Worldwide, über das perfekte "Storytelling" in der Werbung. Wall und sein Agenturkollege Ronald Wohlman gingen der Frage nach, ob das traditionelle Handwerk des "Storytelling" im digitalen Zeitalter überhaupt noch Sinn macht.

Auch deren Vorredner Nick Brien, Chairman & CEO der McCann Worldgroup, hatte in dem überzeugenden Referat "How Technology is democratising Creativity" die Bedeutung von digitalen Maßnahmen als perfekte "in time communication" zwischen Retail und Konsumenten veranschaulicht und aufgezeigt, was jetzt bereits möglich ist und in Zukunft möglich sein wird, um Konsumenten über digitale Medien erfolgreich anzusprechen.

Der generelle Slogan war jedenfalls mehr denn je unüberhör- und unübersehbar: "creativity goes mobile".

Kaum ein Bereich in den relevanten Werbesparten, der nicht bereits durch die verschiedensten Möglichkeiten im Internet zusätzlich begleitet beziehungsweise ergänzt wird, um "additional highly targeted audience" zu bekommen beziehungsweise den Streuverlust, vor allem bei klassischer Werbung, möglichst auf ein Minimum zu reduzieren.

Bei den sich daher immer mehr überlappenden Kategorien stellt sich mehr denn je die Frage, ob "Advertising" als Wort noch überhaupt die Bedeutung haben wird und ob es nicht langfristig durch "Communication Design" oder einen ähnlich relevanten treffenderen Begriff – die Cannes Lions nennen sich neuerdings "Festival of Creativity" – ersetzt werden wird.

Vielleicht ist diese Diskussion bei einem der nächsten Eurobest-Festivals eines der relevanten Themen. Vielleicht sogar in Wien. (Martin W. Drexler/derStandard.at/15.12.2010)