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Der Pariser Eiffelturm, mit sieben Millionen Besuchern im Jahr der stärkste Touristenmagnet Europas, soll künftig noch mehr Gäste aus Drittstaaten auf den alten Kontinent locken.

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Heraklion - Bei einem Kongress über "Verkehrspolitik der EU und Konkurrenzfähigkeit des Europäischen Tourismus" hat der Generalsekretär der Welttourismusorganisation, Francesco Frangialli, von einer Weichenstellung gesprochen. Mit 412 Millionen Ankünften von außerhalb der Union sowie einem Marktanteil von insgesamt 58 Prozent sei Europa nach wie vor die führende Tourismusregion der Welt. Die Bedeutung nehme aber ab. Seit 1980 habe Europa im weltweiten Wettbewerb sechs Prozentpunkte verloren.

"Neue, schwierige Aufgaben"

Durch den Krieg im Irak und die Lungenkrankheit Sars sehe sich die Tourismusbranche vor neue, schwierige Aufgaben gestellt. Frangialli verwies auf das Beispiel der USA. Trotz der raschen Erholung des Tourismus nach den Anschlägen des 11. September habe die Regierung 50 Mio. Dollar für die Branche locker gemacht. "Warum kann das nicht auch Europa?", fragte Frangialli. Der Grund ist einfach: Tourismus liegt nach wie vor in der Kompetenz der Mitgliedstaaten. In der EU-Kommission gibt es keinen direkten Ansprechpartner und kein Budget für touristische Belange.

Bessere Vermarktung

Da der Tourismus in der Union Großteils innereuropäisch ist und nur rund 13 Prozent der Reisenden aus Drittstaaten kommen, soll Europa als Destination künftig besser vermarktet werden. Ziel sollte ein europäisches Urlaubsportal im Internet sein, wo die Urlaubshungrigen aus dem Ausland Informationen über den alten Kontinent in geballter Form samt Buchungsmöglichkeit erhalten.

Zum Knüpfen eines solchen Netzwerks haben sich alle Mitgliedstaaten bei dem informellen Treffen bekannt. Vertreter von Hotels, Reisebüros und Busunternehmen forderten bei dem Kongress eine stärkere Einbindung bei Entscheidungen auf EU-Ebene. Diesem Ansinnen will man in Brüssel nun Rechnung tragen, indem Richtlinien erst nach Ablauf einer achtwöchigen Begutachtungsfrist beschlossen werden sollen. Insbesondere in Verkehrsfragen wollen Touristiker angehört werden. Urlaubsentscheidungen würden vermehrt nach Maßgabe der Verkehrssituation am Boden oder in der Luft getroffen. Verkehrsstaus oder Verspätungen bei Bahn und Flugzeug beeinflussten die Wahl eines Urlaubsziels heute mehr als in der Vergangenheit.

Acht Millionen Beschäftigte

Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für Europas Wirtschaft machte EU-Kommissar Erkki Liikanen anhand einiger Zahlen deutlich: mehr als zwei Mio. Betriebe sind in dem Sektor tätig, der Großteil davon klein- bis mittelständisch organisiert. Zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Union trägt der Tourismus rund fünf Prozent bei, die Zahl der Beschäftigten beläuft sich auf rund acht Millionen. In manchen Ländern beläuft sich der BIP-Anteil des Tourismus auf über zehn Prozent, in Österreich auf immerhin rund acht Prozent.

Vor allem die Mittelmeeranrainerstaaten sehen in der gerade in Ausarbeitung befindlichen EU-Verfassung nun die Chance, den Tourismus aus dem Schattendasein zu holen. Die Italiener, die im Juli die Ratspräsidentschaft von den Griechen übernehmen, sind auch auf dieser Linie. Damit der Tourismus aber Eingang in den EU-Vertrag findet, ist die Zustimmung aller Mitgliedstaaten notwendig. Allerdings hat das Bemühen der griechische EU-Präsidentschaft, dem Tourismus durch Aufnahme in die EU-Verfassung entsprechendes Gewicht zu geben, einen Rückschlag erlitten.

Furcht um Kompetenzen

Deutschland und die skandinavischen Länder haben sich bei einem informellen Ministertreffen auf der griechischen Mittelmeerinsel Kreta gegen die Verankerung dieses für die europäische Wirtschaft wichtigen Zweigs ausgesprochen. Auch das offizielle Österreich ist dagegen. Die Bundesländer fürchteten um ihre Kompetenzen, wenn Tourismus zu einem Gemeinschaftsthema würde, hieß es am Dienstag aus Delegationskreisen. (Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe 7.5.2003)