Wien - Während das Wissenschaftsministerium im Rahmen seiner sogenannten MINT-Kampagne gezielt u.a. für das Informatik-Studium wirbt, will die Informatik-Fakultät der Technischen Universität (TU) Wien künftig Anleitung zur Selbstselektion von Studieninteressenten geben. Ab dem Sommersemester 2011 müssen alle Anfänger verpflichtend ein Motivationsschreiben verfassen und mit zwei Professoren ein 20-minütiges Gespräch über ihre Erwartungen an und Eignung für das Studium führen. "Wir wollen damit den Prozess unterstützen, dass die richtigen Studierenden das richtige Studium an der richtigen Institution beginnen", so Dekan Gerald Steinhardt bei einem Pressegespräch.

Nur noch die "Engagierten und Motivierten"

Die TU-Informatiker sehen in ihrer Maßnahme eine Antwort auf die aktuelle politische Diskussion um Zugangsbeschränkungen. Der Ausgang der Studieneingangsgespräche, die idealerweise vor der Inskription geführt werden, hat zwar keinen Einfluss darauf, ob jemand Informatik inskribieren kann. Steinhardt hofft jedoch, dass dann nur noch die "Engagierten und Motivierten" das Studium beginnen. Man wolle "den Studierenden - auch in einer unklaren politischen Situation - die Möglichkeit bieten, ihre Entscheidung für das Studium zu reflektieren", sagte Hannes Werthner, Studiendekan für Informatik und Wirtschaftsinformatik.

Das Informationsangebot an der Fakultät sei zwar in den vergangenen Jahren bereits ausgebaut worden, schilderte Werthner. Dennoch würden viele Studenten ihr Studium "mit völlig falschen Erwartungen" beginnen und dann abbrechen.

"Zu geringe Ressourcen"

Für die Fakultät bedeute das, dass die "ohnehin zu geringen Ressourcen" suboptimal eingesetzt werden. Derzeit gibt es 1.200 Anfänger pro Studienjahr, international üblich für Fakultäten dieser Größe seien 330. Erfolgreich abgeschlossen wird das Bachelorstudium von nur 500 Studenten - wobei unter den Dropouts ein Großteil sogenannte "Jobouts" seien, die von Unternehmen schon während des Studiums abgeworben werden, wie Steinhardt betont. Folge des Abbruchs seien allerdings auch für die "Jobouts" schlechtere Einkommens- und Aufstiegschancen.

Kritik an dem neuen Modell kommt von der Studierendenvertretung. Diese fürchtet eine "abschreckende Wirkung" gerade auf jene, die wenig Selbstvertrauen oder keine Unterstützung von den Eltern haben. "Es ist sozial selektiv", so Thomas Danecker von der Fachschaft Informatik, laut dem auch ein Teil der Lehrenden das Modell ablehnt. Stattdessen fordern die Studentenvertreter Mentoring-Gespräche während des Studiums. (APA)