Wissenschaftliche Fragestellung: "Ist die österreichische Justiz über weite Strecken dysfunktional aus Inkompetenz oder wegen politischer Schlagseite?" Wahrscheinlich beides. Der Lichtblick: Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat soeben in äußerster Klarheit festgestellt, dass die Versuche der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt und des Wiener Oberlandesgerichts, das Redaktionsgeheimnis in Sachen Strache/Neonazi/ORF auszuhebeln, "auf Luft gebaut" und absolut unzulässig waren/sind.
Trotz dieser oberstgerichtlichen Megawatschen bleibt natürlich die problematische Grundstruktur gar nicht so kleiner Justizbereiche erhalten. Nämlich dass etwa die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt den Macher eines kritischen Berichts über Neonazis stur wegen "Wiederbetätigung" (!) verfolgt. So nach dem Motto: Diese Antifaschisten wollen doch immer, dass das Verbotsgesetz angewendet wird; also werden wir es euch zeigen ...
Oder wenn die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt eine Riesenanklage gegen Tierschützer nach einem diffusen Mafiaparagrafen bastelt, die seit Monaten in einem dysfunktionalen Prozess zerbröselt.
Auf der anderen Seite ziehen und ziehen sich die Ermittlungen Grasser und Freunderln, gegen Meinl und andere. Lässt die Justiz da gegen die "Linke" ihrer Verfolgungswut ungebremst und ohne Rücksicht auf Bürgerrechte Lauf, während sie die "bürgerliche" Maßanzugkriminalität schont? (rau/DER STANDARD, Printausgabe, 17. Dezember 2010)