Österreichs berühmteste und größte Glocke, die Pummerin im Wiener Stephansdom, wird im kommenden Jahr 300 Jahre alt. Sie hat jedoch nicht nur eines, sondern bereits zwei Leben auf dem Buckel: Die "alte" Pummerin aus dem Jahr 1711 wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges Opfer eines Dombrandes - und feierte bald danach gewissermaßen ihre Wiederauferstehung. Im Jahr 1952 wurde das Nachfolgemodell geweiht. Ursprünglich hieß das gusseiserne Wahrzeichen nach ihrem Auftraggeber Kaiser Joseph I. "Josephinische Glocke", im Volksmund bürgerte sich wegen ihres tiefen Klangs aber bald der Name "Pummerin" ein.

Die Pummerin läutet nur zu hohen kirchlichen Festtagen - wie etwa am Freitag, am Heiligen Abend, bei der Christmette. Zusätzlich erklingt sie auch anlässlich besonderer Ereignisse, zum Beispiel zum Jahreswechsel oder beim Tod wichtiger kirchlicher Persönlichkeiten. Der Koloss ist Österreichs größte Glocke, doch auch im Vergleich mit internationalen Pendants kann sie sich sehen lassen: Mit einem Gewicht von rund 21 Tonnen und einem Durchmesser von 3,14 Metern ist sie nach dem "Dicken Pitter" im Kölner Dom die zweitgrößte, frei schwingende Glocke Westeuropas. Weltweit rangiert sie auf Platz fünf.

Die "alte" Pummerin wurde im Jahr 1711 im Südturm des Stephansdoms aufgezogen. In Auftrag gegeben wurde sie von Kaiser Joseph I., als Dank für die Befreiung Wiens von den Türken. Dafür symbolisch war auch das Material, das für den Guss verwendet wurde: das Metall eroberter Kanonen. Die Glocke erhielt - nach ihrem Besteller - den Namen "Josephinische Glocke", später bürgerte sich wegen ihres tiefen Klanges der Name "Pummerin" ein. Am 15. Dezember 1711 wurde das Koloss geweiht, am 26. Jänner 1712 zur Rückkehr Kaiser Karls VI. von der Krönung erstmals geläutet.

Symbol für den Wiederaufbau Österreichs

Zum letzten Mal zu hören war die "alte" Pummerin zu Ostern 1937, in den folgenden Jahren des Nationalsozialismus blieb sie still. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Glocke Opfer des Dombrandes: Am 12. April 1945 stürzte sie infolge eines Feuers am Dach in die Tiefe und zerschellte. Sieben Jahre später, am 26. April 1952, wurde ihre Nachfolgerin - die "neue Pummerin" - geweiht. Einen Tag später erklang sie zum ersten Mal. Sie wurde in Oberösterreich aus den Resten ihrer Vorgängerin sowie anderer zerstörter Glocken des Domes gegossen.

Nach der Weihe stand die Pummerin noch fünf Jahre neben dem Dom auf einem Holzgerüst, bevor sie 1957 nach dessen Umbau in den Nordturm gehoben wurde. Die neue Glocke gilt als Symbol für den Wiederaufbau Österreichs. Von der "alten" Pummerin ist heute nur mehr der Klöppel erhalten, er wird im Lapidarium des Domes in den Katakomben aufbewahrt.

Im kommenden Jahr wird die Glocke renoviert: Der jetzige 800 Kilogramm schwere Klöppel wird durch einen leichteren ersetzt. Dadurch soll die Lebensdauer des gusseisernen Wahrzeichens von 300 auf 3.000 Jahre verlängert werden. Der Klang soll sich dadurch nicht ändern. Der alte Schlegel wird im Februar 2011 ausgebaut, der Einbau des Nachfolgers erfolgt am 9. März, dem Aschermittwoch. (APA)