Bitte für die besinnlichen Feiertage eine gründliche Lektüre von zwei Dokumenten vornehmen: Im Profil haben Michael Nikbakhsh und Ulla Schmid in Form einer Grafik das Skandal-Netzwerk Österreich nachgezeichnet: Von Bawag über Meinl bis Grasser und Haider. Praktisch alle handelnden Personen haben irgendwie miteinander zu tun. Denn Österreich "is a too small country ..."

Das zweite Dokument sind Auszüge aus den Abhörprotokollen der Polizei von den Telefonaten zwischen Walter Meischberger, dem Bezieher von Millionenprovisionen bei Privatisierungen öffentlichen Vermögens, und seinen Mentoren Karl-Heinz Grasser und Ernst Karl Plech (AR-Vorsitzender der Buwog). Veröffentlicht in einer Anfrage der grünen Abgeordneten Gabriela Moser und in einer Story des Falter-Aufdeckers Florian Klenk.

"Meischi" Meischberger hat einmal zehn Millionen, dann 600.000, dann wieder 708.000 Euro für "Vermittlungen" bei Immobilienprivatisierungen kassiert und ruft in höchster Not in der Nacht vor der Vernehmung bei Plech und ein anderes Mal bei Grasser an, um zu konstruieren, was er gemacht haben soll: "Okay, und mit wem hob ich do kontaktiert? (....) Wos hob i daun zsammenbrocht? (...) Wo woar mei Leistung?"

Plechs Antwort: "Deine Leistung war, ah, deine Leistung woar, ahhhh, dass du, ich bin jetzt völlig durcheinander wegen der anderen Gschicht do, vollkommen, weil i hob des, ahhh." Grasser hingegen kann helfen und gibt Meischi den guten Rat, im Internet zu recherchieren, wo denn die Firma Porr, für die er "vermittelte", überhaupt Projekte hat.

Wie dummschlau kann man sein - ohne dass der Staatsanwalt endlich ernst macht? Natürlich steht knüppeldick der Verdacht im Raum, dass Meischberger Geld weitergegeben hat ("Kickbacks") und dass die Telefonate mit Grasser und Plech Verabredungsgespräche waren.

Das war also die Elite-Truppe, die unter Wolfgang Schüssel und Jörg Haider "Österreich erneuerte".

Aber man soll sich keine Illusionen machen: Grasser war bei den Wählern die längste Zeit ein Superstar, und 25 bis 30 Prozent der Österreicher würden eine solche Trübe-Tassen-Truppe jederzeit wieder wählen. Sie sind ja schon dabei. Die Figuren sind ja vom Typ her fast deckungsgleich. Strache nennt z.B. seinen Dichterfürsten Herbert Kickl als Sozialminister. Aber wer glaubt ernstlich, die Strache-FPÖ hätte besseres Personal anzubieten und wäre viel anders als die Haider/Grasser/Meischi-FPÖ?

Na, z.B. die Krone. Die Zeitung ist gerade dabei, Strache salonfähig zu machen. Innenpolitiker Claus Pándi darf als "embedded journalist" Strache nach Israel begleiten und dessen Treffen mit rechtsextremen Siedlern wohlwollend abfilmen. Puls 4 sendet das. Pándi war bisher für Faymann-Nähe bekannt, hat aber offenbar eine neue Mission: Strache kosmetisch zu behandeln.

Während die alte Partie schwer in der Bredouille ist, will uns geschickte Desinformation die neue Partie als Zukunft (Pándi: "zu neuen Ufern?") verkaufen.  (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2010)