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Erschöpfte Passagiere am Heathrow Airport in London warteten oft stundenlang.

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Enteisungsmittel sind knapp, teuer und nicht lange haltbar. Wenn die Straßen nicht befahrbar sind, gibt es auch keinen Nachschub

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London Heathrow am Dienstag

Foto: REUTERS/Toby Melville

Tausende Passagiere hängen wegen anhaltender Schneefälle seit Tagen in Notunterkünften an Flughäfen fest

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Das Winterwetter hat am Dienstag, den vierten Tag infolge, den Flugverkehr in Teilen Europas lahmgelegt. Nach anfänglicher Entspannung ging das Chaos in Deutschland, England und Frankreich weiter. Auch am Wiener Airport saßen deswegen hunderte Passagiere fest: Die Maschinen in Schwechat wären startklar, aber die Zieldestinationen konnten nicht angeflogen werden (siehe Artikel Hürden und Qualen bis zum Abflug).

Am größten europäischen Flughafen London-Heathrow herrschte an den fünf Terminals Chaos. Nur 30 Prozent der Flüge konnten abgewickelt werden. Auch hier steht nur eine der beiden Start- und Landebahnen zur Verfügung. Die andere ist derart vereist, dass auf Tauwetter gewartet werden muss, bis sie wieder einsetzbar ist. Der Frankfurter Flughafen musste wegen heftiger Schneefälle mehrere Stunden gesperrt werden. In Paris verbrachten mehr als 3000 Passagiere die Nacht am Flughafen, weil ihre Flüge gestrichen worden waren.

Kein normaler Flugbetrieb in kommenden Tagen

Der Flugbetrieb wird auch in den kommenden Tagen noch nicht normal verlaufen. "Die schwierigen Wetterbedingungen wirbeln unseren Betrieb durcheinander und werden das auch noch bis Weihnachten tun", teilte British Airways mit. Allein am Montag wurden in Europa 3000 Flüge gestrichen. Über die Kosten will noch niemand sprechen. Als Faustregel gilt: Der Start und die Landung eines Mittelstreckenfliegers kostet rund 10.000 Euro.

Britische Regierung lockert das Nachtflugverbot

Um trotzdem eine möglichst rasche Rückkehr zur Normalität zu erreichen, lockerte die britische Regierung das Nachtflugverbot in Heathrow. Dort dürfen Flugzeuge bis Weihnachten jeden Tag bis ein Uhr nachts landen. Der deutsche Verkehsminister Peter Ramsauer (CSU) will das auch in Deutschland ermöglichen und rief die Länder zum Handeln auf.

EU-Kommission macht Druck auf die Flughäfen

Die EU-Kommission macht wegen der Störungen im Luftverkehr nun Druck auf die Flughäfen. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas warf den Airports vor, ungenügende Vorbereitungen für winterliche Wettersituationen getroffen zu haben. Auf der Schiene kommt es ebenso zu Verspätungen. Die Eurostar-Züge verkehrten am Dienstag nur eingeschränkt und in gedrosseltem Tempo.

Keine Weihnachtspost

Aufgrund der Schneelage steht auch der europäische Post- und Paketfernversand still. Internationales Drehkreuz ist nämlich der Flughafen Frankfurt. Hunderte Tonnen Briefe und Pakete haben sich bereits angesammelt. Als vorläufige Deadline wurde europäischen Versandfirmen der 24. Dezember, 23.59 Uhr, mitgeteilt. Erst ab dann ist wieder damit zu rechnen, dass Postsendungen im Regelbetrieb transportiert werden.

Experten führen das Chaos an den Airports auf Sparmaßnahmen zurück. Zu wenig Personal und zu wenig Schneepflüge. Außer im Vorjahr gab es in den vorangegangenen Jahren keine derart massiven Schneefälle. Lieber zwei Tage Chaos als das ganze Jahr hohe Fixkosten, so das Motto der Airportmanager. In Deutschland etwa wurde die Enteisung an private Firmen ausgelagert, die Lager reichen gerade einmal einen Tag.

Kettenreaktion in der Logistik

Was nun folgt ist eine Kettenreaktion in der Logistik. Airports können bei Ausnahmezuständen auch keine Leiharbeiter einsetzen, weil Flughäfen Hochsicherheitszonen sind. Auch für das Enteisen der Flieger braucht man Fachkräfte und genügend Enteisungsstationen. Apropos Enteisen: Wenn die Straßen von Lkws nicht befahren werden können (wie in Brüssel) stockt auch der Nachschub an Enteisungsmittel. Dieses kann nicht auf Vorrat gebunkert werden, da es nur begrenzt haltbar ist. Die Airports wollen es der Autoindustrie gleich machen und setzen auf Just-in-time-Produktion.(Claudia Ruff, Gudrun Springer, DER STANDARD Printausgabe 22.12.2010)

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