Die E-Mail-Romanzen von Daniel Glattauer ("Gut gegen Nordwind", "Alle sieben Wellen") haben einen SMS-Nachfolger bekommen: Der Wiener Autor Manfred Chobot (63) hat seinen Roman "Der Bart ist ab" (Limbus Verlag) in SMS-Form geschrieben. Das besondere an der Love Story zwischen einem verheirateten Mann (M) und seiner Geliebten (F) ist nicht nur seine Erzählform, sondern auch sein Publikationsmittel: Die ersten hundert der fast 2.000 SMS, aus denen die Geschichte besteht, erhalten die Leser 20 Tage lang als SMS auf ihr Handy. Die APA führte mit dem Autor ein Kurz-Interview zu seinem ungewöhnlichen Literaturprojekt - stilecht per SMS.
"Ja, musste immer erklären, auf behauptung gibt es schon, nein, ist großer unterschied zw mail & sms, 160 zeichen"
Ausgangsidee war "der versuch, einem formalen prinzip zu folgen, sich zu reduzieren, verdichten, erzählen, ohne erzählen zu können, und neue form für alte story zu finden" (sic!), schildert Chobot in einer Kurznachricht. Der in einem Stück geschriebene Roman sei speziell für diese Publikationsform geschrieben worden: "Ja, bei dieser form fällt ein narratives präsens aus, denn 2 schildern nicht, was sie zugleich sehen, daher perfekt & futur möglich. Geschrieben in einem stück." Auf Glattauer sei er tatsächlich im Vorfeld immer wieder angesprochen worden: "Ja, musste immer erklären, auf behauptung gibt es schon, nein, ist großer unterschied zw mail & sms, 160 zeichen. Wollte auch sms-manie verliebter dokumentieren", simste der Autor.
Der Roman, der "irgendwann, vielleicht in einem jahr" (Chobot) auch als gebundenes Buch erscheinen soll, wird als "innovativstes Weihnachtsgeschenk 2010" beworben. Für 9,90 Euro erhält man 20 Tage lang die zwischen den beiden Verliebten hin- und hergehenden SMS auf sein Handy. Wem dies zu lästig wird - oder wer schneller wissen will, wie die Affäre ausgeht -, kann jederzeit die Zusendungen stoppen und den restlichen Roman gleich als pdf ausdrucken.
"Der erste SMS-Roman, der auch in SMS-Form erscheint", wie die Werbung verspricht, ist "Der Bart ist ab" jedoch nicht. Laut "netzeitung.de" hatte der chinesische Schriftsteller Qian Fuzhang 2004 seinen Roman "Aus der Festung" als SMS-Fortsetzungsroman veröffentlicht: "Über zwei Monate hinweg bekamen die Abonnenten jeden Morgen um 10 Uhr eine Folge auf ihr Mobiltelefon."
"Viimeiset viestit"
2007 veröffentlichte der finnische Autor Hannu Luntiala mit "Viimeiset viestit" ("Die letzten Nachrichten") einen Roman, in dem der Ex-Chef eines IT-Unternehmens auf einer Reise durch Europa und Indien ausschließlich per SMS Kontakt zu seinen Freunden und Verwandten hält. Der aus rund 1.000 Kurznachrichten bestehende 330-seitige Roman wimmelt dabei nicht nur vor den üblichen Abkürzungen, sondern auch vor Fehlern, wie sie beim schnellen Tippen auf der Handytastatur vorkommen.
Auch andere virtuelle Kommunikationsmittel wurden bereits für die Literatur entdeckt: Den angeblich ersten Twitter-Roman brachte 2009 der US-Amerikaner Matt Stuart heraus, während der in Österreich und Ungarn lebende Kommunikationsfachmann und Mediengestalter Teglasy Gergely sich rühmt, am 1. Juli mit "Zwirbler" den weltweit ersten Facebook-Roman ins Leben gerufen zu haben. (APA)