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DGB-Chef Michael Sommer (links) und der deutsche Bundeskanzler Schröder haben unterschiedliche Vorstellungen, wie die deutsche Wirtschaftspolitik auf neue Füße gestellt werden könnte.

Foto: REUTERS/Tobias Schwarz

Berlin - Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat einen Gegenentwurf zur Agenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erarbeitet. In dem Papier, das am Mittwoch in Grundzügen bekannt wurde, fordert die DGB-Spitze zusätzliche Ausgaben zur Belebung der Konjunktur. Am gestrigen Dienstag hatten die Gewerkschaften überraschend ein Treffen des SPD-Gewerkschaftsrats abgesagt und dies mit der mangelnden Kompromissbereitschaft der Bundesregierung begründet.

Steuersengungen sollen mehr Wirtschaftswachstum bringen

Nach dem Konzept soll die Kaufkraft der Bürger durch Steuersenkungen gestärkt werden. Der Bund soll dafür die Neuverschuldung dieses Jahr um 7,5 Milliarden Euro ausweiten. Der DGB erhofft im Gegenzug 1,5 Prozent mehr Wirtschaftswachstum.

Steuerreform solle vorgezogen werden

DGB-Chef Michael Sommer bekräftigte in einem Beitrag, den die Wochenzeitung "Die Zeit" am Mittwoch im Voraus veröffentlichte, seine Forderung, Teile der für 2004 geplanten Steuerreform rückwirkend zum 1. Jänner vorzuziehen, um die Nachfrage zu stärken. "Wir prüfen des Weiteren eine Erhöhung des Normalsatzes der Mehrwertsteuer", schreibt er weiter. Mit dem Geld könnten Leistungen der sozialen Sicherungssysteme finanziert und damit die Beitragssätze gesenkt werden. In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage müssten Steuererhöhungen allerdings vermieden werden.

Präsentation am Donnerstag

Den Gegenentwurf wollen Sommer und andere DGB-Spitzenfunktionäre am morgigen Donnerstag in Berlin der Öffentlichkeit präsentieren. In der DGB-Spitze wurde betont, die Veröffentlichung des bereits vor mehreren Wochen angekündigten Gegenentwurfs hänge nicht mit dem geplatzen SPD-Gewerkschaftsrats-Treffen zusammen.

Gewerkschaften ringen um gemeinsame Strategie

Nach der Absage des Treffens mit Schröder rangen die Gewerkschaften um eine gemeinsame Strategie. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel will den Druck auf Schröder erhöhen. "Solange der Bundeskanzler die Signale auf rot gestellt hat, machen weitere Gespräche im Gewerkschaftsrat zurzeit keinen Sinn", sagte er der "Welt". Frank Bsirske, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di erklärte im ZDF, das Treffen sei überflüssig gewesen, nachdem Schröder und Sommer bereits am Morgen keine Annäherung erzielt hätten. Bsirske ließ deutliche Sympathien für Gespräche mit der Union erkennen. "Auch mit Frau Merkel und Herrn Stoiber zu reden, macht in einer Situation Sinn, wo wir in der Tat Veränderungen brauchen", sagte der ver.di-Chef.

SPD-Fraktionsspitze kritisiert geplante Protestaktionen

Mit dem Gegenkonzept versucht die DGB-Spitze offenkundig auch, den heftigen Streit im Gewerkschaftslager über die Strategie im Ringen um die Agenda 2010 zu beenden. Während DGB-Chef Sommer dem Vernehmen nach Kompromisse mit Schröder für möglich hält, wollen andere führende Gewerkschafter, insbesondere bei ver.di und IG Metall, eine harte Linie fahren. Die SPD-Fraktionsspitze kritisierte unterdessen die für den 25. Mai angekündigten Protestaktionen der IG Metall gegen die Agenda 2010. "Unpassend ist das allemal", sagte Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt mit Blick auf die folgende Bremer Bürgerschaftswahl.(APA/Reuters/AP)