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Frankreichs Premier Raffarin muss tief in die "Trickkiste" greifen, um die Pensionsreform rechtzufertigen.

Foto: APA/AFP/FRANCOIS GUILLOT/iw/LK

Mit einem Brief an alle Haushalte und ganzseitigen Zeitungsinseraten hat Frankreichs Premierminister Jean-Pierre Raffarin jetzt die hochbrisante Pensionsreform gestartet. Die Regierung zog auch sonst sämtliche Register, um die seit Jahren verschleppte Anpassung des 50 Jahre alten Rentensystems schmackhaft zu machen - und um Volksaufstand und Regierungssturz zu verhindern.

Staatschef Jacques Chirac präsentierte sich als "Garant des Sozialpaktes und nationalen Zusammenhalts", während Raffarin im TV mit Argumenten warb: 1960 hätten noch vier Franzosen für einen Rentner gearbeitet, 2000 seien es noch zwei gewesen, und 2020 werde jeder Aktive für einen aufkommen müssen.

Das Reformwerk soll noch vor der Sommerpause vom Parlament verabschiedet werden. Es sieht im Kern die Angleichung der Beitragsdauer vor: Die öffentlich Bediensteten, die heute nur 37,5 Jahre lang in die Alterskasse einzahlen, sollen wie die Privatangestellten 40 Jahre lang Beiträge leisten müssen, um in den Genuss einer vollen Pension zu kommen. Bis 2020 soll die Beitragsdauer für alle auf 42 Jahre erhöht werden. Die Pension dürfte durchschnittlich nur noch 66 statt 78 Prozent der letzten Lohnjahre ausmachen. Der Teuerungsausgleich über die Jahrzehnte hinweg bleibt garantiert, doch dürfte schon ab nächstem Jahr ein Erhöhung der Abgaben erfolgen.

Bisher erstickten die Gewerkschaften jeden Reformversuch im Keim: Mit Streiks 1995 brachten sie die Regierung Juppé zu Fall. Nächsten Dienstag rufen sie - wie in Österreich - zu einem Streik gegen die Reform auf, die Umfragen zufolge aber von der Mehrheit akzeptiert wird.(DER STANDARD, Printausgabe, 8.5.2003)