Matthias Traimer und Michael Kogler können ihre nächste Bibel des Rundfunkrechts getrost in die Druckerei schicken: Für die nächste Novelle des erst im Oktober in Kraft getretenen ORF-Gesetzes fehlt Konsens unter den Parteien. Sie hätte ohnehin nur dazu gedient, den nächsten ORF-General und seine Direktoren etwas früher zu wählen, als es das ORF-Gesetz derzeit vorschreibt. Nun sieht es nach regulärer Wahl am 9. August 2011 aus.

Traimer und Kogler leiten die Medienabteilung im Bundeskanzleramt. Anfang 2011 bringen sie die dritte Auflage ihres gewichtigen österreichischen Standardwerks Rundfunkrecht im Verlag Medien & Recht heraus. Die beiden schreiben nicht allein über Mediengesetze, sondern auch die Gesetze selbst.

Bei einem Großprojekt des kommenden Jahres führt allerdings das Justizministerium die Feder: Eine Novelle des Mediengesetzes zählt laut Auskunft des Ministerinnenbüros zu den ersten Vorhaben 2011. Eine Novelle ging schon 2009 in Begutachtung, sie sollte die Privatsphäre der Angehörigen von Tätern und Opfern besser schützen, sah deutlich höhere Entschädigungen vor und stellte bloßstellende Bilder unter Strafe. Noch liegt sie in der Schublade.

Die Verfahren um die ORF-Reportage über junge Skinheads in Am Schauplatz brachten den Schutz des Redaktionsgeheimnisses auf die Agenda für eine Novelle des Mediengesetzes. Der Oberste Gerichtshof definierte das Redaktionsgeheimnis im Dezember in einem Grundsatzurteil sehr umfassend.

Ethikrat für ORF

Die ORF-Journalisten arbeiten gerade mit der Geschäftsführung einen eigenen Verhaltenskodex aus, den der Stiftungsrat im März beschließen soll. Er regelt etwa Unvereinbarkeiten, aber auch Aufwandsentschädigungen für Protagonisten von Dokus wie Am Schauplatz. Der Kodex erlaubt sie, wenn sie nicht den Inhalt beeinflussen. Ein eigener Ethikrat, beschickt von Redakteuren und Management, ist geplant. 

Der gerade erst gegründete Österreichische Presserat dürfte seine Statuten 2011 noch einmal überdenken: Sie sehen vor, dass Entscheidungen nicht veröffentlicht, ja nicht einmal dem Beschwerdeführer mitgeteilt werden, wenn sich ein Medium nicht dem Schiedsverfahren vor dem Presserat unterwirft. Gleich die erste Entscheidung gegen Österreich war so ein Fall.

Regierungsinserate offenlegen 

Ein Fall für europäisches Recht wäre eine Klarstellung, dass für Journalisten die Mediengesetze ihres Landes gilt, auch wenn ihre Medien jenseits der Grenzen verbreitet werden. Die Münchner Justiz verfolgt heimische Journalisten, weil sie in der Causa Hypo Alpe Adria aus Gerichtsakten zitierten. Das ist in Deutschland strafbar, nicht aber in Österreich. 

Die Regierung hat sich auf Drängen der ÖVP für 2011 Transparenz für die Werbung öffentlicher Stellen vorgenommen. Regelmäßig soll veröffentlicht werden, wer wo für wie viel Geld geschaltet hat. Die Presseförderung wird 2011 um 3,6 Prozent gekürzt.

ORF-Klage

Mit dem ORF-Gesetz müssen sich 2011 wieder Verfassungsgerichtshof und EU-Kommission befassen: Der Privatsenderverband beschwerte sich, dass die neuen Regeln für regionale TV-Werbung kommerzielle Kanäle diskriminieren. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 27.12.2010)