Die Proseniks, also Philipp und sein 42-jähriger Vater Christian, sind überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Chancen sind da, um genützt zu werden. Prosenik, geboren am 1. März 1993, bewundert David Beckham und trägt das Trikot von Chelsea. Als Stürmer, sagt er, müsse man schon ein Egoist sein. "Aber man soll auch dem Team dienen."

Foto: DER STANDARD/Christian Fischer

Wien - Die Sullivans sind echt nette Leute. Er ist Schriftsteller, sie Bankangestellte, die beiden streiten praktisch nie. Worüber Herr Sullivan genau schreibt, weiß der 17-jährige Philipp Prosenik nicht: "Ich habe noch kein Buch von ihm gelesen, tut leid." Es scheint aber so, dass Herr Sullivan von seinem Beruf durchaus leben kann.

Die Sullivans wurden vom Fußballklub Chelsea auserkoren, Gasteltern für Nachwuchskicker aus dem Ausland zu sein. Sie werden dafür finanziell entschädigt, vermutlich nicht zu knapp. Ihre Pflichten sind festgeschrieben: Der Bursche muss verköstigt, seine Wäsche gewaschen werden. Ihm steht ein eigenes Zimmer mit Internetanschluss zu. Und das Trainingszentrum in Cobham muss zu Fuß erreichbar sein, der Anmarsch soll nicht länger als 15 Minuten dauern. Von den Sullivans sind es nur fünf. Philipp sagt: "Perfekt." Es soll zudem darauf geachtet werden, dass das Gastkind nicht strawanzt, also die Nacht zum Tag erklärt. Denn London und die Versuchung sind groß. Die Sullivans haben diesbezüglich nichts zu befürchten. Mittelstürmer Philipp sagt: "Ich bin voll auf den Fußball konzentriert."

Der unbedingte Wille

Rückblick. Im April 2009 hat Chelsea zugeschlagen und den damals 16-jährigen Philipp verpflichtet. Rapid bekam eine Ausbildungsentschädigung von circa 30.000 Euro. Vater Christian, ein ehemaliger Teamspieler (24 Einsätze), hatte keinerlei Bedenken: "Weil es Philipp unbedingt wollte, so ein Angebot darf man nicht ausschlagen." Der Papa unterzeichnete den Dreijahresvertrag. Das Abenteuer startete im Juli.

Ende Dezember 2010 sitzen die Proseniks in einem Wiener Kaffeehaus. Und Phillip will es noch immer. Er bereut nichts, am 2. Jänner fliegt er zurück nach London. Die Zwischenbilanz würde famos ausfallen, hätte der Körper mitgespielt. "Leider war ich oft verletzt." Von ungefähr 60 Partien der Chelsea-Jugend konnte er nur 15 bestreiten. "Aber die waren gut." Trainer Dermut Drummy hat ihm das bestätigt. Vor drei Monaten musste der rechte Meniskus operiert werden, Philipp befindet sich in der Aufbauphase, Anfang März sollte das Knie wieder völlig hergestellt sein. Davor muckte der Knöchel auf. "Ich habe gelernt, geduldig zu sein und nicht zu zweifeln. Vielleicht helfen diese Erfahrungen für die spätere Karriere." Vater Christian hat eine Wesensveränderung festgestellt: "Er ist viel selbstständiger geworden."

Ein Tag bei Chelsea. Arbeitbeginn ist um neun Uhr. Das Trainingszentrum umfasst 32 Plätze, drei Ärzte, und ein Dutzend Physiotherapeuten sind stets vor Ort. Der Puls wird gemessen, der Körper gecheckt. "Sie können herausfinden, wie dein Gemütszustand ist. Ob du traurig oder müde bist, ob du gut drauf bist und heute schon gelacht hast." Philipp kann die komplette Palette bieten.

Dann werden Spiele analysiert, um elf ist die erste Trainingseinheit angesetzt. Mittagessen, Workshops (Kurse über Benimmregeln!), danach wird taktisch-technisch mit dem Ball geübt. Auf dem Nebenfeld schuftet die Kampfmannschaft. Didier Drogba hat sich im Clubmagazin sehr positiv über den kleinen Prosenik (ist eh 1,88 Meter groß) geäußert. "Er kann einmal in meine Fußstapfen treten." Jeder kennt bei Chelsea jeden. Klubbesitzer Roman Abramowitsch weiß genau, wer der Prosenik aus Wien ist. "Er schaut manchmal vorbei und fragt einen, ob alles passt."

Der Konkurrenzkampf ist enorm und auch nicht. Prosenik hat Folgendes erkannt: "Sie verpflichten nur Legionäre, auf die sie wirklich setzen. Es liegt ihnen nichts daran, Talente zu verheizen." Dass man 48 Stunden vor einem Match weder tanzen noch Golf spielen darf, akzeptiert Prosenik. Er hätte auch nichts gegen 96 Stunden einzuwenden.

In eineinhalb Jahren will er es geschafft haben. "Ziel muss die Aufnahme in den Kader der Kampfmannschaft sein. Es ist machbar, es fehlen nur ein paar Schritte. Sollte es nicht klappen, kann ich ein gute Ausbildung vorweisen. Die Welt ist groß."

Und ein Buch des Herrn Sullivan wird Philipp Prosenik auch noch lesen. (Christian Hackl, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 31. Dezember 2010)