Es ist einer dieser im Nationalrat nicht untypischen Fälle von Persönlichkeitsspaltung: Als handzahmer Abgeordneter hat Fritz Neugebauer dem Budget bis auf den letzten zusammengerafften Cent zugestimmt. Als polternder Beamtengewerkschafter hingegen bringt er gegen ebendieses Werk nun eine Verfassungsklage ein.

Die Kollegen werden sich für die Imagepflege bedanken: Mit seinem Schweigen im Parlament hat ihr Zweiter Präsident viel dafür getan, dass Koalitionsabgeordnete wieder einmal als artige Handlanger der Regierung dastehen.

Einsprüche bei Höchstgerichten sind jedermanns gutes Recht. Doch wenn ein Volksvertreter wie Neugebauer das Sparpaket bekämpfen will, dann bitte nicht nur hintenrum, sondern auch auf demokratischer Bühne. Dort müsste er argumentieren, warum mit den Beamten gerade eine Klientel vor Einschnitten bei den Pensionen geschützt werden soll, die bisher nicht am schlechtesten weggekommen ist.

Für das Altenteil seiner 300.000 Bediensteten gibt der Staat mit derzeit acht Milliarden Euro im Jahr fast ebenso viel aus wie für zwei Millionen Normalpensionisten. Bereits beschlossene Reformen werden die Kosten à la longue zwar drastisch senken, doch bis dahin sind zusätzliche Beiträge zu aktuellen Sparpaketen verkraftbar. Dass Neugebauer auch für die Hacklerfrühpension kämpft, macht die Sache nicht sympathischer - solange er nicht einen Beamten präsentiert, der sich am Bau das Kreuz ruiniert hat. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 3.1.2011)