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Der Energiekonzern OMV hat mit zwölf anderen Konzernen ein Protestschreiben an die EU-Kommission gerichtet.

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Die EU-Kommission prüft noch, ob die in Ungarn eingeführte Krisensteuer EU-Recht verletzt. Wirtschaftsminister Mitterlehner sieht das jedenfalls so. Spar rechnet mit Mehrkosten von 22 Mio. Euro für 2010.

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Wien - Die im Oktober in Ungarn eingeführte neue Krisensteuer sorgt weiter für Wirbel. Wie berichtet haben 13 europäische Unternehmen die EU-Kommission eingeschaltet. Sie fühlen sich diskriminiert und fordern Sanktionen gegen die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán. Die EU-Kommission hat bereits im Dezember eine Untersuchung eingeleitet, sagte ein Sprecher am Montag. Einzelheiten wurden nicht bekannt gegeben. Nur so viel: Eine Stellungnahme der Fidesz-Regierung sei bereits vor Weihnachten eingelangt.

Stein des Anstoßes ist eine bis 2012 befristete Sondersteuer für die Branchen Telekommunikation, Energie und Einzelhandel. Die rechtskonservative Regierung bessert sich so den Haushalt auf. Für das Jahr 2010 wurden 161 Milliarden Forint (rund 582 Millionen Euro) an Mehreinnahmen budgetiert. Dazu kommen noch einmal 200 Mrd. Forint (716 Mio. Euro), die Banken und der Finanzsektor über die neue Bankensteuer beisteuern müssen.

Das Problem bei der Krisensteuer: Sie wurde erst Mitte Oktober beschlossen, gilt aber rückwirkend für das ganze Jahr 2010. In Deutschland mobilisieren vor allem die Chefs der Energiekonzerne Eon, RWE und EnBW, des Versicherers Allianz und der Deutschen Telekom gegen die Abgabe. Aus Österreich haben sich die OMV, Spar und Baumax dem Protestschreiben an die EU-Kommission angeschlossen.

Bei Spar beziffert man die Mehrkosten für 2010 mit rund 22 Mio. Euro. Berechnet wird die Steuer vom Umsatz, nicht vom Gewinn - also ähnlich wie die neue Bankenabgabe in Österreich. Was bei Spar und vielen anderen Unternehmen aber für Protest sorgt, ist, dass der Großteil der Steuerlast von ausländischen Konzernen aufgebracht werden soll.

Je nach Größe des Unternehmens beträgt die Steuer im Einzelhandel 0,1 bis 2,5 Prozent des Umsatzes. In der Telekombranche können es bis zu 6,5 Prozent sein, bei Energieunternehmen sind es 1,05 Prozent. Für ungarische Betriebe gibt es Ausnahmen.

"Diese ungeheuerliche Ungleichbehandlung ausländischer Firmen wollen wir stoppen", sagte eine Spar-Sprecherin am Montag zum Standard. "Es ist ein Wahnsinn, dass eine Steuer in dieser Größenordnung rückwirkend eingeführt wird." Die Handelskette hat in Ungarn rund 400 Niederlassungen und macht dort 1,47 Mrd. Euro Umsatz.

An Abzug denkt man aber ebenso wenig wie Baumax-Chef Martin Essl. "Wir haben viel investiert", sagt Essl. Für seine 15 Niederlassungen in Ungarn muss er 100.000 Euro an Sondersteuer abführen. Die abrupte Einführung der Steuer bezeichnet er als "einzigartig". Bei der OMV will man keine Zahlen nennen.

Rechtswidrig

Die Kritik an der Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Betrieben teilt auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP). Man habe bereits im November ein Memorandum an den zuständigen ungarischen Staatssekretär überreicht, sagte eine Sprecherin. Darin wurde auf die EU-Rechtswidrigkeit der Abgaben hingewiesen. Außerdem werde ein bilaterales Investitionsschutzabkommen verletzt.

Kritik gibt es auch vom deutschen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). "Abgaben, die vorrangig ausländische Unternehmen betreffen, sind für den europäischen Binnenmarkt grundsätzlich problematisch", sagte Brüderle in der Süddeutschen Zeitung. Er möchte das Thema beim nächsten Treffen mit seinem ungarischen Amtskollegen aufs Tapet bringen.

Wesentliche Teile der Steuer wurden für 2010 bereits bezahlt. 90 Prozent mussten nämlich bis 20. Dezember schon abgeführt werden. Auch bei der Bankenabgabe wurden schon zwei Tranchen bezahlt. Der Erste Group kostet sie 48 Mio. Euro, Raiffeisen rund 36 Mio. und der Bank Austria etwa 27 Mio. Euro. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2011)