Zurzeit in Konstanz am Bodensee zu sehen: Karl Holtz: "Aus einer völkischen Rede" (1930).

Foto: Freundeskreis Willy-Brandt-Haus

Konstanz - Ausgemergelte Kohlenarbeiter, große hungrige Kinderaugen, verzerrte Naziredner, dickbäuchige Kapitalisten, streikende Arbeiter - so sah die Welt Ende der 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre für große Teile der Bevölkerung aus.

Festgehalten wurde dieses Leben von vielen Künstlern, die ein paar Jahre später ihren Beruf nicht mehr ausüben konnten, weil ihre Kunst als "entartet" galt und vom Hitlerregime verboten wurde.

Einige Werke dieser Zeit sind noch bis 30. Januar in Konstanz am Bodensee in der Städtischen Wessenberg-Galerie zu sehen. Unter dem Titel 1933-1945. Verfolgt - Verfemt - Entartet. Werke aus der Sammlung im Willy-Brandt-Haus sind dort rund 70 Kunstwerke ausgestellt, die im Jahr 1937 erstmals in München in einer Ausstellung mit dem Titel Entartete Kunst gezeigt wurden.

Die systematische Verfolgung oppositioneller Kunst und Kultur begann mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Wobei vor allem die Bücherverbrennung ein unübersehbares Signal für die Literaten bedeutete; weshalb bereits damals viele Künstler Deutschland verließen und ins Exil gingen.

Die Situation für die bildenden Künste blieb vorerst noch widersprüchlich. Mit der Aktion Entartete Kunst im Jahr 1937 setzten die Nationalsozialisten jedoch ein deutliches Zeichen: 20.000 Kunstwerke aus über 100 Museen und Sammlungen fielen ihr nach heutigem Forschungsstand zum Opfer.

Als "entartet" diffamiert

Es setzten sich unmissverständlich völkisch-konservative Kunstansichten durch. Adolf Hitler war die ungegenständliche, moderne Kunst seit jeher zuwider. Er bevorzugte einen naturalistischen Stil.

Die nationalsozialistische Kulturpolitik mündete in Verfolgung, Vertreibung und schlimmstenfalls Ermordung vieler Künstler. Wer einmal als "entartet" diffamiert war, konnte sein künstlerisches Schaffen nicht mehr fortsetzen.

Von Beginn an gefährdet waren insbesondere jüdische Künstler und die politische Linke. Viele von ihnen waren um das Jahr 1900 geboren und standen damals erst am Anfang ihrer Karriere.

Nur wenige waren damals bereits etabliert, und durch die politische Situation blieb ihnen künstlerische Anerkennung versagt. Die Ausstellung Verfolgt - Verfemt - Entartet will auch an das Schicksal dieser "Generation der Vergessenen" erinnern.

So kann man in der Städtischen Wessenberg-Galerie neben Namen wie Max Beckmann, Otto Dix, Käthe Kollwitz oder Elfriede Lohse-Wächtler unbekannte Künstler entdecken, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind.  (Raffaela Rudigier, DER STANDARD - Printausgabe, 4. Jänner 2011)