Der Ermittler: Heino Ferch geht in Andreas Prochaskas TV-Krimi "Spuren des Bösen" auf den Grund.

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Regisseur Andreas Prochaska

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STANDARD: Fernsehkrimis kommen in Österreich selten ohne Humorelemente aus. Bei "Spuren des Bösen" ist das anders. Hatten Sie nach der Komödie mit Elfriede Ott Lust auf Ernstes?

Prochaska: Gewisse Themen verlangen Ernsthaftigkeit. In Spuren des Bösen ist für Humor einfach kein Platz. Es gibt die Figur der Haushälterin, die eine Form von Wienertum hineinbringt und dieser Tradition noch am ehesten nachkommt. Mich interessierte das Spannungsfeld zwischen Deutschland und Österreich.

STANDARD: Das worin besteht?

Prochaska: Heino Ferch zeigt den Österreichern mit seiner straighten Art als Ermittler Richard Brock, wie's geht.

STANDARD: Das sind auch Ihre eigenen Erfahrungen?

Prochaska: Die deutschen Kollegen sind oft klarer in ihren Zielen.

STANDARD: Sind Sie bei Ihrer Arbeit dann Deutscher oder Österreicher?

Prochaska: Ich versuche, meine Ziele klar zu verfolgen. Aber ich bin mit meiner Art in Deutschland ein Exote, wenn ich zum Beispiel mit meinem Schmäh gewisse Situationen aufweiche.

STANDARD: "Spuren des Bösen" zeigt vor allem die klassische Ermittlerfigur: gebrochen, desillusioniert. Gab es da ein Vorbild?

Prochaska: Die Hauptfigur ist kein klassischer Kommissar, sondern Universitätsprofessor für Psychologie. Sein Privatleben hat Rückwirkungen auf seine Arbeit. Natürlich ist mittlerweile sehr strapaziert, dass jeder Fernsehkommissar einen Familienangehörigen hat. Aber so wie Martin Ambrosch die Geschichte geschrieben hat, ist das etwas Eigenes.

STANDARD: Der Psychologe ist auch in der Gehirnforschung firm: Ohne "CSI" -Effekt kann heute kein Krimi sein?

Prochaska: Man versucht, einen Charakter zu finden, dessen besondere Fähigkeiten für den Fall entscheidend sind. Brock ist Kopfarbeiter, was gleichzeitig sein Problem ist.

STANDARD: War es leicht, den Film durchzubringen?

Prochaska: Die Entwicklung dauerte vier Jahre. Schwierig war es, weil neben dem ORF auch das ZDF grünes Licht geben musste. Danach mussten wir Besetzungslisten abstimmen und synchronisieren.

STANDARD: Es gibt eine eigene Fassung fürs deutsche Publikum?

Prochaska: Ich versuche bei der Sprache möglichst authentisch zu sein. Bei Koproduktionen gibt es da immer Diskussionen, deshalb mussten wir den einen oder anderen Satz synchronisieren, damit es die Deutschen auch verstehen.

STANDARD: Die Spuren des Bösen finden sich in Institutionen: Politik, Justiz, Wirtschaft. Nach dem Schema verfuhr schon "Derrick" . Haben Sie Anleihen genommen?

Prochaska: Um Gottes willen, sicher nicht. Die Spuren des Bösen werden von den Institutionen vielleicht eingepflanzt. Letzten Endes sind es aber die Menschen selbst, die Gutes oder Böses tun.

STANDARD: Auffallend viele TV-Krimis spielen gegenwärtig im zweiten Bezirk. Kriegt man da leichter Drehgenehmigungen?

Prochaska: Für mich war der Donaukanal interessant als Linie mitten durch Wien. Der zweite Bezirk ist ein Schmelztiegel mit interessanter Atmosphäre. Vielleicht ist Wien dort einfach am konzentriertesten vertreten.

STANDARD: Inwiefern spielt der Standort eine Rolle, wenn auch für den deutschen Markt produziert wird - Krimi als Tourismusfaktor?

Prochaska: Ich wäre ja blöd, wenn ich die Schönheiten der Stadt nicht nütze. Wenn ein deutscher Zuschauer das sieht und sich denkt, da komme ich gern nach Wien, und nicht nur zum Studieren, sondern auch so, dann hat das natürlich einen Mehrwert. Die Stadt Wien gibt ja auch Geld ins Budget. Daraus entsteht keine Verpflichtung, aber wenn ich in Wien drehe, will ich Wien auch zeigen. Ich glaube allerdings nicht, dass das Café Urania etwas ist, das den deutschen Touristen per se anspringt. Ich will eine Atmosphäre einfangen, die etwas mit der Figur zu tun hat. Natürlich ist es hübsch, auf der Terrasse des News-Gebäudes zu stehen. Aber es ging darum, Macht aufzuzeigen, und dann werde ich mich nicht in den 22. Bezirk stellen.

STANDARD: Der ORF darf in den nächsten Jahren mit mehr Geld kalkulieren. Was erhoffen Sie sich?

Prochaska: Mehr Eigenproduktionen, die eine österreichische Handschrift tragen. Dass man nicht zwanghaft in die Koproduktion gehen muss. Nicht immer ist es so glimpflich wie in diesem Film. Oft müssen wir Leute nehmen, die für beide Märkte taugen, und das ist nicht immer einfach. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 4. Jänner, 2011)