Viel Platz in einem extra geschaffenen Museum hat das Riesenrundgemälde mit der Schlacht am Bergisel im "Tirol Panorama" gefunden.
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Innsbruck - Zum Jahreswechsel fand die letzte Vorstellung im Kulturgasthof Bierstindl statt. Den ganzen Abend gab es passend zum Abschied eine "Henkersmahlzeit" . Mit der Aktion S. A. R. G. ("Souvenirs: Alles Reste an die Gäste" ) brachten die Kulturvereine CDs vergangener Veranstaltungen und Plakate diverser Events unter die Gäste. "Leise" wollten sich die Kulturschaffenden nicht verabschieden.
Das Bierstindl galt als ein "Haus der ersten Chance" für Kulturvereine. 1992 wurde es vom damaligen VP-Landesrat Fritz Astl mitinitiiert. Das alte Gasthaus wurde Heimstätte verschiedenster Kulturvereine: von Tradition bis Moderne. Mitte dieses Jahres drehte das Land dem Gasthof den Geldhahn zu: EinEntschuldungsplan hätte vorgelegt werden sollen. Wohin 105.000 Euro bis Juni genau geflossen waren, wurde für Kulturlandesrätin Beate Palfrader (VP) von den Kulturschaffenden nicht zufriedenstellend beantwortet.
Die Kleinkunstszene im Großraum Innsbrucks gehe in eine ungewisse Zukunft. Es bleibe abzuwarten, ob die in Aussicht gestellten Ersatzräumlichkeiten vom Publikum auch angenommen würden, meint Kabarettist und Theaterverbands-Spartenleiter Markus Kozuh: "Wir steuern auf raue kulturpolitische Zeiten zu."
Noch wurden nicht für alle im Bierstindl tätigen 16 Vereine passende Ersatzräume gefunden, erklärt Vereinssprecherin Ingrid Alber-Pahle. Der Bierstindl-Gedanke - das Miteinander von Vereinen unterschiedlichster Ausrichtung - soll aber in einzelnen Projekten weitergelebt werden.
Den Grund für das endgültige Aus für den Kulturgasthof sieht Kozuh beim Bierstindl selbst und beim Land: "Dem Bierstindl sind sicher in der Kommunikation Fehler passiert. Wäre ich aber in verantwortlicher Position beim Land könnte ich mich nicht mehr im Spiegel anschauen. Es ist traurig zu sehen, wie gut hundert Meter oberhalb des Bierstindls Abermillionen in ein Prestigemuseum gepumpt werden, während unten etwas mit so toller kultureller Breitenwirkung auf diese Art zu Grabe getragen wird."
Im Budgetlandtag im Dezember kam von den Oppositionsparteien, Grünen und Liste Fritz heftige Kritik an den Kürzungen im Kulturbudget für 2011. "Kaum Schwerpunkte für die Zukunft" ortet etwa Fritz Dinkhauser von der Liste Fritz. Auch Dinkhauser kritisiert das "Millionenprojekt Bergisel-Museum" . Für andere Kunst- und Kulturprojekte sei wegen des Museums kaum Geld mehr da.
Gebi Mair von den Grünen kritisiert auch die Verteilung innerhalb des Kulturbudgets. So werde etwa audiovisuelle Kunst vollkommen ausgehungert, wohingegen Museen finanziell großzügig unterstützt würden: "Setzt man die Kulturausgaben in Relation zu den Gesamtausgaben des Landes, so erhält man einen relativen Anteil von 3,2 Prozent im Jahr 2003. Im Jahr 2011 liegen wir bei 2,6 Prozent" , rechnet Mair vor. In den vergangenen zehn Jahren sei das Kulturbudget also relativ zum Gesamtbudget deutlich gefallen. "Und das Geld, das zur Verfügung stand, wurde zum Teil für absurde Projekte ausgegeben: Auch Mair nennt das Bergisel-Museum. Für das Museum waren im Jahr 2006 sieben Millionen Euro budgetiert worden. Mittlerweile liegen die Kosten bei 27 Millionen, errechneten die Grünen. Kulturlandesrätin Palfrader spricht von knapp über 21 Millionen.
Mair nennt ein weiteres Beispiel: "Aktuell wird an ein Winterhaus für die Festspiele Erl gedacht." Geortet wird auch ein Rückgang der "Wertschätzung" von Kunst und Kultur. In den vergangenen zehn Jahren habe es immerhin sechs Kulturreferenten gegeben. Ein Einarbeiten und Kennenlernen der Kunstszene sei so nicht möglich. Kulturpolitik sei dem "Karrierestreben" von Beamten ausgesetzt. Zielgerichtete Kunst- und Kulturpolitik gebe es in Tirol nicht. Kommunikationsprobleme zwischen Kulturschaffenden und Politikern erfuhr vor seinem Wechsel nach Wien ins 20er Haus auch der ehemalige Leiter des Innsbrucker Kunstraumes Stefan Bidner. Bidner ortete zudem einen Trend, "mehr in Tradition als in Vision zu investieren" . Das Potenzial zeitgenössischer Kunst sei inTirol noch nicht erkannt worden. Bidner hofft "irgendwann auf eine Trendumkehr" .
ImStadtteil Dreiheiligen ist mittlerweile eine neue Kulturstätte entstanden. In der "Bäckerei" sollen Kulturprojekte aber nur temporär Station machen.Einzig die TKI (Tiroler Kulturinitiative) hat, nach dem Aus des Bierstindl, hier eine fixe Heimat gefunden. (Verena Langegger, DER STANDARD - Printausgabe, 4. Jänner 2011)