Der Normalfall ist für Juristen langweilig - spannend sind für sie die "pathologischen Fälle", die dringender Regelung bedürfen. Zum Beispiel: Was soll gelten, wenn sich Vater und Mutter nicht auf einen Nachnamen für gemeinsame Kinder einigen können. "Na, was schon?", sagt der Hausverstand: Wer sich nicht einmal darüber einigen kann, der soll die Finger vom anderen lassen - und es schon gar unterlassen, gemeinsame Kinder in die Welt zu setzen.

Juristen denken anders. Sie wollen regeln, was man nur regeln kann, gerade die möglichen Streitfälle. Seit 35 Jahren wird am Namensrecht herumgedoktert. Streitfälle, in denen Eltern partout nicht wissen wollen, welcher Nachname für ein Kind passt, sind dennoch geblieben.

Wenn es nach den Vorstellungen der Namensrechtsexperten geht, soll es daher zur Regel werden, dass schon Kleinkinder mit zwei Nachnamen aufwachsen. Genealogen mag der beim Hochadel übliche Doppelname die korrekte Zuordnung erleichtern - inzwischen aber verwenden selbst die Angehörigen des Hauses Habsburg-Lothringen üblicherweise nur den Namen Habsburg.

Weil es einfach praktischer ist. Normale Familien denken wohl ebenso pragmatisch - und wenn sie das nicht wollen, gibt es eine alte juristische Einsicht: "Mater semper certa est". Im Zweifel kommt eben der Name der Mutter zum Zug. Damit das Kind einen Namen hat. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 4.11.2011)