Beinahe ein Jahr ist es her, dass die Muttergesellschaft Koch Media das Wiener Entwicklerstudio Deep Silver Vienna geschlossen hat. Die Wiener hatten eine wechselhafte Geschichte hinter sich, sie arbeiteten bis zum Kauf durch Koch Media unter den Flaggen von Neo Software, Rockstar Vienna und Games That Matter. Nachdem Koch Media die Wiener Dependance überraschend schloss, um "Prozesse zu optimieren" gab es keinen gemeinsamen Neustart mehr.

Einige der in Wien verbliebenen Mitarbeitern haben den Schritt gewagt, ihr eigenes Ding durchzuziehen: Mit Socialspiel und Spielwerk gingen aus dem früheren Deep-Silver-Team zwei neue, auf Games spezialisierte Startups hervor. Beide stehen exemplarisch für eine umtriebige Wiener Entwickler-Szene, die die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten mobiler Plattformen und sozialer Plattformen aufgreift, nachdem sich große Studios offenbar mit dem Standpunkt Österreich schwerer tun. Letzte Woche erst hat Entwickler JoWood die Insolvenz angemeldet.

"Anderer Look, neues Feeling"

Helmut Hutterer geht davon aus, dass ihm das mit seiner Firma Socialspiel nicht passiert. Er selbst und drei seiner vier Mitarbeiter waren bei Deep Silver oder einer der Vorgängerfirmen beschäftigt. Nachdem ein Investor gefunden war, der sich für neue Medien interessiert, startete das auf Social Gaming spezialisierte Unternehmensprojekt Ende Mai 2010. Endlich „Spiele so zu machen, wie wir glauben, dass man sie machen sollte", war das Ziel. Hutterer, der bei Deep Silver Producer war, sieht es als Vorteil, dass in einem „kleinen Team alles sehr transparent" ist.

Seit Herbst ist das erste Titel, das virtuelle Brettspiel „Push" auf Facebook verfügbar. Das Ansinnen des Spiels, das auf dem Brettspiel Abalone basiert, war einen „anderen Look, ein neues Feeling" für ein Social Game zu schaffen: „Etwas zu machen, das deutlich anders aussieht, als das, was es gibt". Heraus kam die comichafte Figur Pon du Bear, die cocktailschlürfend, Pfeife rauchend und Stöckelschuhe tragend die Spielzüge kommentiert. Mit der Retro-Ästhetik hebt sich die Anwendung von anderen virtuellen Brettspielen auf Facebook ab. Einen Charakter designen zu können, ist Socialspiel wichtig.

Der Kennzahl der täglich aktiven User von "Push" auf Facebook ging schon einmal auf über 11.000 hinauf. Viele der Spieler kommen aus Südostasien: Malaysien, Indonesien, vor allen von den Philippinen. Und aus den USA. Für die Entwickler der Social-Gaming-Anwendungen ist das schnelle Feedback zu ihrem Produkt ein Vorteil. Ein Online-Spiel wird ohnehin „nie fertig". Manchmal wird "Push" mit zwei oder drei Releases pro Tag verbessert.

Momentan arbeitet Socialspiel an einer niederländischen Lokalisierung. Im Dezember startete der Titel auf einer zweiten Plattform, am Social-Entertain-Network hi5.com. Weitere sollen folgen. Wie bei den meisten Social Games kann man sich auch bei "Push" Spielvorteile per Micropayments erkaufen. Laut Studien geben ca. drei bis zehn Prozent der Online-Spieler auf diese Weise Geld aus. Hutterer hofft in Zukunft auch auf verstärktes Product Placement für Online-Spiele: „Die Werber müssen erst draufkommen, welches Potenzial in den Spielen liegt".

Und was bringt 2011? „Wir werden keinesfalls ein Farmville machen", sagt Hutterer. Es soll in Richtung virtueller Welten und selbst gestaltbarer Avatare gehen. Es sollen weiterhin Themen gefunden werden, die weniger abgegrast sind. Natürlich soll es nach der ersten Übung von „Push" contentlastiger werden. Außerdem ist es Ziel, das Unternehmensteam zu vergrößern. Zwei Projekte sollen parallel entwickelt werden können. Für Hutterer sollte es spannend bleiben: „Es ist mehr Stress und anderer Stress" als es früher als Angestellter war. Und das Risiko sorgt auch für „Nächte, in denen man nicht so gut schläft".

www.socialspiel.com
http://apps.facebook.com/pushgame/
http://www.hi5.com/friend/apps/entry/pushgame/

Im kommenden Beitrag folgt ein Porträt des zweiten Wiener Startups, das aus Deep Silver hervorgegangen ist: Spielwerk.