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Der deutsche Aufschwung soll sich laut DIW 2012 wieder deutlich abschwächen.

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Berlin - Der Aufschwung in Deutschland setzt sich nach Ansicht des DIW-Instituts im kommenden Jahr fort, verliert dann aber deutlich an Kraft. Für 2012 sagen die Berliner Forscher ein Anziehen der Konjunktur von 1,3 Prozent nach 2,2 Prozent in diesem Jahr voraus. Nach der Rezession hätten 2010 Aufholeffekte eine große Rolle gespielt, sagte DIW-Konjunkturexperte Ferdinand Fichtner am Dienstag in Berlin. "Die wird es in den nächsten Jahren so nicht mehr geben." Impulsgeber seien 2011 der Außenhandel, Investitionen am Bau und in Maschinen und Anlagen sowie der private Konsum.

Die deutsche Wirtschaft sei zwar ohne Massenkündigungen durch die Krise gekommen. "Die Lage ist aber nicht so günstig, wie sie aussieht", sagte Fichtner. "Von der Krise betroffen waren vor allem die Vollzeitbeschäftigten." Dieser Bereich erhole sich nur langsam. Der kräftige Anstieg der Erwerbstätigenzahl 2010 auf das Rekordhoch von rund 40,5 Millionen sei vor allem dem Zuwachs von Teilzeitstellen zu verdanken. Für 2011 erwartet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass die Beschäftigung wächst, allerdings mit geringerem Tempo. Die Arbeitslosigkeit werde im Jahresdurchschnitt aber bei mehr als drei Millionen liegen. Das vergangene Jahr war für den Arbeitsmarkt das beste seit 1992. Im Jahresdurchschnitt gab es 3,244 Millionen Arbeitslose nach 3,423 Millionen 2009.

Kein Spielraum für Steuerentlastungen

Wegen der guten Konjunktur geht das DIW davon aus, dass Deutschland in diesem und im nächsten Jahr das Maastricht-Kriterium wieder einhält: Die Neuverschuldung dürfte 2011 mit 2,4 und 2012 mit 2,1 Prozent jeweils unter der Drei-Prozent-Grenze liegen. DIW-Präsident Klaus Zimmermann warnte aber vor Euphorie: "Die Staatsschulden steigen weniger als befürchtet, aber sie steigen." Die Konsolidierung komme nicht so gut voran, wie es dank des starken Wirtschaftswachstums sein sollte. "Einen Spielraum für Steuerentlastungen gibt es nicht. Stattdessen müssen alle Ausgaben auf den Prüfstand." Zimmermann nannte etwa die Subventionen für Steinkohle und Landwirtschaft und die Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit.

Außerdem müsse die Regierung über Möglichkeiten zu Mehreinnahmen nachdenken: "Die Umsatzsteuer braucht eine grundlegende Reform." Der ermäßigte Steuersatz sollte überprüft werden. Zudem plädierte der DIW-Chef erneut für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Kritisch sehen die DIW-Forscher die Maßnahmen zur Lösung der Eurokrise. Durch die Hilfen würde der Druck auf die Regierungen der Krisenländer gelockert, endlich ihre strukturellen Probleme anzugehen. Wichtig wäre deshalb, sie mit harten Auflagen zu verbinden, sagte Zimmermann. "Dazu gehört eine strenge Kontrolle der Fiskalpolitik der europäischen Staaten durch eine unabhängige europäische Institution und eine Umschuldung der bedrängten Staaten, die nicht nur den Steuerzahler, sondern vor allem die beteiligten privaten Kreditgeber ins Boot nimmt." (APA/Reuters)