Vor allem in sandiger Erde - wie hier in den Vereinigten Arabischen Emiraten - ist die Unterflurbewässerung in Verbindung mit Feuchtigkeitsspeichern unerlässlich: Ein Tonmineral um den Schlauch hilft, Wasser zu sparen, und es verbessert die Bodenqualität.

Foto: Hydrip

Ein Granulat um den Unterflurschlauch verteilt das Wasser gleichmäßig und hält die Erde länger feucht. Der Wasserverbauch wird dadurch drastisch gesenkt - die Oberfläche kann nicht verkrusten.

Foto: Hydrip

Jetzt sollen bald auch Golfgreens ökologischer werden und der Weinbau mit weniger Wasser auskommen.

Natürlich gefällt es dem 35-jährigen Ökologen Stefan Glaser, wenn er heute gefragt wird: "Sie wollen also die Wüste grün machen?" Immerhin kann er mittlerweile ohne Vermessenheit darauf antworten: "Wir glauben tatsächlich zu wissen, wie das geht. Aber ,die Wüste‘ ist uns derzeit vielleicht doch noch eine Nummer zu groß."

In kleinem Rahmen und doch bereits am Rande der marokkanischen Wüste entstand 2003 eine nunmehr vielfach ausgezeichnete Geschäftsidee: Glaser und ein kleines Team der Uni Wien waren dort bei einem Forschungsprojekt auf ein Tonmineral gestoßen, das großes Potenzial zu haben schien: Würde es zusammen mit einem Bewässerungsschlauch in die Erde eingebracht werden, so die Überlegung der Feldforscher, könnte dies der von Rückschlägen gekennzeichneten Technologie der Unterflurbewässerung wieder auf die Sprünge helfen.

Mit vergrabenen Schläuchen trockenes Terrain zu bewässern, hatte zwar schon bisher einen erheblichen Vorteil gegenüber der Flutung von Feldern in heißem Klima: Das Wasser kann dabei nicht so schnell verdunsten. Allerdings barg die unterirdische Bewässerung andere Nachteile: Die Wurzeln der Feldpflanzen verstopfen über kurz oder lang immer die Öffnungen im Schlauch, das Wasser kann nicht weiträumig genug im Boden verteilt werden, und durch einen Kapillareffekt gelangt es oft zu rasch an die Oberfläche – die Erde verkrustet dadurch mit den im Wasser gelösten Salzen.

Unter Melonen und Tomaten im portugiesischen Alentejo lag dann 2007 erstmals die Wiener Patentlösung: ein Bewässerungsschlauch, der mit zusätzlicher Membran den Wurzeln eine physische Barriere entgegenhält und wie ein Sandwich von mineralischem Granulat umgeben ist.

Zum Start nach Portugal

Gemeinsam mit dem Umweltökonomen Christian Rammel hatte Glaser zwei Jahre zuvor das Start-up-Unternehmen "Hydrip" gegründet und bei der Technologieagentur der Stadt Wien (Zentrum für Innovation und Technologie) eine Fördersumme lukriert, die immerhin 50 Prozent der Entwicklungskosten (161.000 Euro) deckte. Und das portugiesische Bewässerungstestzentrum COTR als Projektpartner hatte längst die Notwendigkeit einer ausgeklügelten Bewässerungsmethode erkannt: "Zu diesem Zeitpunkt setzte im Alentejo die Intensivbewirtschaftung durch große spanische Konzerne ein" , so Glaser.

Alsbald zeigte sich auf diesen Versuchsfeldern, dass durch die neue Methode nur noch halb so viel Wasser wie vorher benötigt wurde. Zudem ergab sich auch ein Nebeneffekt, der seither für Hydrip eine zentrale Rolle spielt: Die Bodenqualität wurde durch diese Art der Bewässerung nachhaltig verbessert. Das bedeutet, Nutz-erde, die zur Auslaugung tendiert oder bereits unbrauchbar war, kann durch diese schonende Art der Bewässerung langfristig regenerieren. Mit dieser Technologie also tatsächlich in die Wüste zu gehen war der nächste logische Schritt: In extremen Trockengebieten des Irak werden damit nun Gemüsefelder angelegt, und in den Emiraten entstanden üppige Gärten buchstäblich im Staub.

Das frühe Netzwerk der universitären Wüstenfüchse von Marokko ist übrigens noch immer intakt – für Glaser ein entscheidender Erfolgsfaktor von Hydrip: "Mal hat jemand eine gute Idee, wie die Bewässerungstechnik weiter verbessert werden kann – mal fällt jemandem etwas Neues zum Granulat ein." Die Unterflurkonstruktionen sind jedenfalls je nach Einsatzgebiet immer unterschiedlich: So wird die Zusammensetzung des Granulats dem Bodentyp angepasst und im Bedarfsfall mittlerweile viel rascher, also maschinell in die Erde eingebracht.

Erst durch den "Ausflug" in die prekären landwirtschaftlichen Regionen der Erde wuchs auch das Interesse an Hydrip daheim: Wasser sparen und dabei die Bodengüte erhöhen wollen nunmehr auch österreichische Biolandwirte, Weinbauern und die Planer von Stadtgärten oder Grünfassaden. Aktuell läuft zudem ein Kooperationsprojekt mit der Universität für Bodenkultur, bei dem Wasser auf dem Golfplatz gespart werden soll: "Der Golfrasen ist biologisch betrachtet ein arg gequälter Bonsai" , so Glaser. Und technologisch gesehen ein ganz schwieriger Fall, bei dem das Team erneut viel lernen könne.

Dass die Technologie auch für größere Maßstäbe geeignet ist, soll nun bewiesen werden: Durch die Hydrip-Beteiligung am EU-Projekt NILE, bei dem die Wassereffizienz im Wein- und Spargel-Anbau im Vordergrund steht. Dabei wird die österreichische Bewässerungsmethode zum Einsatz kommen. Und Glaser weiter zur Frage des Maßstabs: "Wir müssen ja nicht gleich eine ganze Wüste in Afrika begrünen – es würde schon reichen, vorerst die Versteppung im Seewinkel aufzuhalten. Das wäre mit dieser Technologie machbar." (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Printausgabe, 05.01.2011)