Der Iran lädt einige ausgesuchte Staaten zu einer geführten Tour in seine umstrittenen Atomanlagen ein, und das US-Außenministerium nennt das einen „cleveren Trick". Das ist eine Überschätzung. Zumindest vom technischen Standpunkt her ist die Einladung eine Augenauswischerei, und keiner der Gäste wird so von Blindheit geschlagen sein, das nicht zu erkennen.

Erst einmal sind die Atomanlagen, die da geöffnet werden sollen, den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde - die mehr davon verstehen als Botschafter - bestens bekannt. Bei den Sorgen um Irans Atomprogramm geht es hingegen um das, was die internationale Gemeinschaft womöglich nicht weiß, um Anlagen, die sie womöglich nicht kennt, und in allererster Linie um die iranischen Intentionen - die man nicht besichtigen kann. Keine der offenen Fragen wird durch so eine Tour beantwortet.

Mit einem neuen Willen zur Transparenz hat das nichts zu tun: Es bleibt die diplomatische Übung. Sie trägt die Handschrift des neuen Außenministers Ali Akbar Salehi, der versucht, den Iran als ganz normalen Hochtechnologiestandort zu präsentieren und zu erklären. Das ist sein gutes Recht, auch, dass er dabei auf Staaten setzt, die nicht an vorderster Front gegen das laut Atomwaffensperrvertrag tatsächlich bestehende iranische Recht auf Urananreicherung kämpfen. Er wird sich aber auch für die anderen etwas einfallen lassen müssen - vor der nächsten Verhandlungsrunde, die für Ende Jänner in Istanbul geplant ist. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 4.1./5.1.12.2011)