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Ein halbes Jahr verdeckter Ermittlungen scheint ihm entgangen zu sein: Zwettler
Wiener Neustadt - Brisantes zum Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess förderte die Zeugenaussage des ehemaligen Chefs der Sonderkommission "Soko Bekleidung", Erich Zwettler, zutage: Die Soko sei unmittelbar nach einer Intervention von Werner Graf, Chef der Textilkette Kleider Bauer, ins Leben gerufen, sagte Zwettler.
"Verlangt, dass die Polizei tätig wird"
Bis zu drei Dutzend Beamte hatten seit April 2007 gegen Tierrechtsaktivisten ermittelt. Wie nun der ehemalige Soko-Chef und nunmehrige Leiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), Erich Zwettler, zu Protokoll gab, kam es zur Gründung der Soko, nachdem einer der Chefs der Firma Kleider Bauer beim damaligen Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, vorgesprochen und sich "mokiert" hatte. Werner Graf habe "verlangt, dass die Polizei tätig wird", ist dem der APA vorliegenden Einvernahmeprotokoll Zwettlers zu entnehmen.
"Bruder oder Schwägerin"
"Es war Anfang April 2007, ich glaube es war der 5. April, meines Wissens, da bin ich zu einer Besprechung beim Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit eingeladen worden, am Vormittag. Dort waren mehrere Leute aus der Polizeiführung vertreten und Herr Werner Graf, den ich bis dahin nicht kannte, hat sich dort vorgestellt als einer der Chefs der Firma Kleider Bauer (...) und hat dort berichtet, dass am vorherigen Tag oder in der Nacht zum vorherigen Tag sowohl sein Fahrzeug in Grinzing beschädigt worden ist als auch das Fahrzeug seines Bruders oder vielmehr, ich glaube, seiner Schwägerin, wenn ich das richtig im Kopf habe", schilderte Zwettler zunächst.
Werner Graf habe betont, dass er "dem nicht mehr zuschauen" wolle, und habe das Einschreiten der Polizei gefordert, berichtete Zwettler weiter.
Und die Polizei tat Graf prompt den Gefallen: "Der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit hat dann den Auftrag erteilt, dass man eine Ermittlungsgruppe einrichten soll, die sich eben mit diesen Straftaten auseinandersetzt." Die Soko bekam zum Einstand auch ein von Kleider Bauer angelegtes Dossier über die Aktionen und die weltanschauliche Ausrichtung der Tierschützer ausgehändigt. Auf Basis dieses Aktenordners, der laut Zwettler "einen oder zwei Tage später" übergeben wurde, starteten die Erhebungen.
"2008 keine verdeckten Ermittlungen"
Zwettler war bei seiner Einvernahme auch zur verdeckten Ermittlerin "Danielle Durand" befragt worden, die sich - als Französisch-Studentin getarnt - in die Szene eingeschleust und von April 2007 bis Juli 2008 mehr oder weniger gewichtige Informationen zusammengetragen hatte. Dabei behauptete Zwettler unter Wahrheitspflicht, deren Aktivitäten wären mit 1. Jänner 2008 beendet worden, da sich mit diesem Datum die Strafprozessordnung geändert hatte: "Wir waren ja zu dem Zeitpunkt sehr weit auch im Bereich strafprozessualer Maßnahmen, und im Strafprozess neu sind Anordnungen der Staatsanwaltschaft erforderlich, wenn man verdeckte Ermittlungen machen will, soll, muss. Es ist damals entschieden worden, dass man das nicht macht." Auf Nachfragen eines Verteidigers ("Ab dann sind keine mehr gemacht worden, ab 1. Jänner 2008?"), bekräftigt Zwettler seine Angaben mit einem entschiedenen "Nein".
Danielle Durand gab jedenfalls an, bis Juli 2008 als VE tätig gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wurde jedoch nie von der Polizei wegen der Anordnung einer verdeckten Ermittlung kontaktiert.
"Keine brauchbaren Ergebnisse"
Zur Tätigkeit "Danielle Durands" meinte Zwettler, die verdeckte Ermittlerin habe "im Bereich dieses Ziels, das ich vorgegeben habe" keine "brauchbaren Ergebnisse" geliefert: "Die Informationen, die ich wollte, nämlich wann wird ein Anschlag wo begangen und möglichst auch noch von wem, sind nicht gekommen."
StA Wiener Neustadt wusste von "Durand"
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat indes darauf hingewiesen, dass der Einsatz der verdeckten Ermittlerin "Danielle Durand" seit längerem bekannt war und nicht erst im Zuge der Hauptverhandlung gegen 13 Aktivisten ans Tageslicht kam. "Die verdeckte Ermittlerin findet erstmals Erwähnung in einem Zwischenbericht der Polizei vom 13. September 2007", bemerkte der Erste Staatsanwalt Johann Fuchs.
Dieser Bericht habe Eingang in den Gerichtsakt gefunden und sei damit seit geraumer Zeit auch den Verteidigern bekannt, betonte Fuchs: "Sie haben im Frühjahr 2009 in einem Schriftsatz darauf Bezug genommen."
Der Prozess gegen die 13 Tierschützer, denen unter anderem die Bildung einer kriminellen Organisation nach dem "Mafia-Paragrafen" 278a StGb vorgeworfen wird, wird am 24. Jänner fortgesetzt. (APA)