Der Zivildienst sollte von Anfang an Ersatzdienst für jene sein, denen es Gewissensbisse bereitet, Waffengewalt einsetzen zu müssen. Beim Bundesheer hat man das immer mit Argwohn gesehen: Zivildiener standen unter dem Generalverdacht, nicht aus Gewissensgründen, sondern aus "gewissen Gründen" den Härten des Wehrdienstes ausweichen zu wollen.

Jetzt, wo es ernsthafte Bestrebungen gibt, die Wehrpflicht auszusetzen oder gar abzuschaffen, wird von den Anhängern der Wehrpflicht die Liebe zum Zivildienst entdeckt: Was sollen denn künftig die vielen für das soziale Netz unverzichtbaren Organisationen machen?

Über Jahrzehnte haben sie sich darauf verlassen können, dass ihnen der immer sinnloser werdende Grundwehrdienst in immer größerer Zahl billige Zivildiener zulaufen lässt. Inzwischen ist klar, dass der Grundwehrdienst in seiner momentanen Form völlig sinnlos geworden ist: In sechs Monaten lassen sich keine feldverwendungsfähigen Soldaten ausbilden. Nur die, die sich für längeren Dienst verpflichten, sind wirklich einsetzbar. Ob es unter diesen Umständen überhaupt noch verfassungskonform ist, junge Leute einzuberufen, wäre einer Prüfung wert.

Daher kann man jetzt schon sagen, was die Zivildienstorganisationen künftig tun müssen: Sie müssen Arbeitskräfte einstellen und anständig bezahlen. Und das Heer wird es mit seinen Soldaten ähnlich halten müssen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2011)