Vorschnelle Selektion von möglicherweise behinderten Kindern oder die Chance, einer Frau eine Abtreibung zu ersparen? Die Frage rund um die Präimplantationsdiagnostik ist so heikel wie alle, bei denen es um vorgeburtliche Entscheidungen geht. Umso überraschender ist es, dass es in Österreich - im Gegensatz zu Deutschland - eine breite politische Zustimmung für Gentests an Embryonen bei künstlicher Befruchtung gibt.

Befürworter und Gegner haben Argumente. Selbst in einer Zeit, in der immer mehr künstliche Befruchtungen durchgeführt werden, komme die Untersuchung nur selten infrage, sagen Befürworter. Auch der selbst von evangelischen Geistlichen in Deutschland vertretene Standpunkt, dass Leben erst im Mutterleib zu Leben wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Und: Frauen würden einfach in Länder fahren, wo die Diagnosen legal sind.

Gegner befürchten einen Dammbruch: Man wisse ja nicht, ob eine Veranlagung auch zu einer Erkrankung führt und die "Prüfung" nicht immer weiter geht. Es sei auch eine Diskriminierung von Mitmenschen mit Behinderungen, wenn man Embryonen schon im Vorfeld aussortiert.

Im Zweifelsfall ist aber dennoch der Frau der Vorzug zu geben. Will sie ein Kind nicht behalten, wird sie es ohnehin nicht auf die Welt bringen. Ihr aber zuerst verpflichtend eine Schwangerschaft zu bescheren und erst ex post eine Abtreibung zuzulassen, ist widersinnig.  (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2011)