Vielleicht werden Historiker eines fernen Tages den Auftritt von FDP-Chef Guido Westerwelle beim traditionellen Dreikönigstreffen der Partei als geradezu genialen Schachzug bewerten. Die Partei dümpelt in Umfragen bei drei Prozent dahin, die Basis ist frustriert, von allen Seiten hagelt es Kritik am Chef - doch dieser setzt bloß sein fröhliches Guido-Grinsen auf, und alles wird gut.

Krise? Welche Krise? Westerwelle hat keine, die FDP auch nicht, und Deutschland geht es prima. Das ist seine Botschaft. Keine Reue, keine Entschuldigung für arrogante Sprüche, die Sozialhilfebezieher in die Nähe spätrömischer Dekadenz rücken.

Doch auch der Ausblick ist schwach. Westerwelle schafft keine Vision, kann keinen Weg skizzieren, wie er seine Partei aus diesem fürchterlichen Tief führen will.

Er hat mit seinem Auftritt in Stuttgart zwar eine kleine Verschnaufpause erreichen können. Doch im März wählen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Man kann sich ausrechnen, was bei den zu erwartenden Wahlverlusten passiert. Westerwelle wird sich nicht mehr an der Spitze der FDPhalten können, es wird Ersatz für ihn geben.

Und so ist es doch sehr viel wahrscheinlicher, dass Historiker eines fernen Tages in der Rückschau feststellen: Nur Westerwelle selbst hat seinen Auftritt am Dreikönigstag 2011 genial gefunden. Die meisten anderen verbuchten ihn unter dem Schlagwort "verpasste Gelegenheit". (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2011)