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Ruhe vor der türkischen Regierung, Geld für die Steuerschuld: Aydin Dogan will seine TV-Kanäle und Blätter verkaufen. Den Medienkonzern führt Tochter Arzuhan.

Foto: AP/Murad Sezer

"Hürriyet" heißt "Freiheit", und die sehen jetzt viele in der Türkei über Bord gehen, wenn Aydin Dogan, der alternde Industriekapitän, das Flaggschiff seiner Medienholding verkauft. Die Bieterliste ist nun zumindest für Dogans Fernsehsparte fix. Neben Time Warner stellen sich zwei weitere US-Finanzinvestoren – KKR und TPG – an. Bis 1. Februar müssen die Gebote auf dem Tisch liegen.

RTL, Vivendi und der US-amerikanische Medienriese News Corp. sind demnach aus dem Rennen um Dogans profitable Fernsehsender Kanal D und Star TV. Dass die verbliebenen US-Bieter auch Hürriyet kaufen könnten oder eine weitere Dogan-Zeitung – Posta oder die Qualitätsblätter Radikal und Milliyet -, halten Beobachter am Sitz der Holding in Istanbul für naheliegend.

Springer interessiert

Für Hürriyet hat in der Vergangenheit auch der Axel-Springer-Konzern Interesse gezeigt, der in Deutschland den Vertrieb der einflussreichen türkischen Tageszeitung (Auflage in der Türkei: 444.000) erledigt. Medienwissenschafter wie Esra Arsan von der Bilgi-Universität in Istanbul sehen in einem Verkauf des liberal-konservativen Massenblatts an einen inländischen regierungsfreundlichen Investor einen schwerwiegenden Einschnitt in die Meinungsfreiheit in der Türkei. Einen solchen Fall gab es 2008: Damals ging das Boulevardblatt Sabah an die Calik-Holding, in der auch ein Schwiegersohn von Regierungschef Tayyip Erdogan sitzt. Arsan erhofft sich dagegen von ausländischen Investoren eine Professionalisierung des Journalismus.

Eine geplante Gesetzesänderung macht den Einstieg bei Dogan für die internationale Medienindustrie noch attraktiver: Statt bisher 25 Prozent sollen ausländische Investoren künftig bis zu 50 Prozent der Anteile an türkischen Medienunternehmen erwerben können. Das Gesetz, Teil des Verhandlungspakets mit der EU, war vergangenen Juni im Parlament vorgelegt worden und wartet noch auf die Verabschiedung. Mit dem Verkauf der Medien will Dogan Bares für die Begleichung einer Steuerschuld auftreiben, die ihm nach einem Streit mit der Erdogan-Regierung aufgehalst wurde. (Markus Bernath aus Istanbul/DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2011)