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Unterrichtsministerin Schmied sieht die Tür zu Fortschritten in der Schule einen Spalt geöffnet.

Foto: dapd/Zak

Wien - "Schade dass es nicht den großen Wurf gibt, aber ein Schritt in die absolut richtige Richtung", lautet die erste Reaktion von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) auf das heute präsentierte ÖVP-Bildungskonzept. Auch wenn Schmied bedauert, dass es mit dem Festhalten der ÖVP an den Gymnasien vorerst keine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen geben wird, sieht sie "sehr positive Elemente" in dem Papier wie den Wegfall der Zehn-Prozent-Grenze für die Neue Mittelschule (NMS).

"Keine Zeit verlieren"

Schmied freut sich, dass es nun eine ÖVP-Position gebe und dass sie nun gemeinsam mit Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) "aus dem Vorliegenden das Machbare schmieden darf". Für sie gelte nun "Konzentration auf das Umsetzbare, gemeinsam mit Karl das Machbare zu tun und im Interesse der Kinder keine Zeit zu verlieren".

Befragt, ob man sich mit dem Festhalten der ÖVP an den Gymnasien von der gemeinsamen Schule verabschieden müsse, zeigte sich Schmied überzeugt, dass sich das Erfolgsmodell der NMS durchsetzen kann, das sehe man an der Nachfrage und der Zufriedenheit der Eltern, Schüler und Lehrer. Die Kosten für eine flächendeckende Einführung der NMS in der Sekundarstufe I, also inklusive Gymnasien, bezifferte Schmied im Endausbau mit 300 Millionen Euro brutto, also ohne Berücksichtigung von Synergieeffekten. Würden nur die Hauptschulen in NMS umgewandelt, würden die Kosten in einer Größenordnung von 200 bis 230 Millionen Euro im Endausbau liegen.

SPÖ begrüßt "Einlenken"

Entsprechend den bekannten Fronten fielen auch die sonstigen Reaktionen aus - allerdings kam die SPÖ dem Koalitionspartner auffallend entgegen und vermied die Erwähnung der von ihr angepeilten Gesamtschule.

Die Aufhebung der 10-Prozent-Grenze und der Ausbau der NMS seien Forderungen der SPÖ gewesen, sagte Klubobmann Josef Cap (SPÖ). "Ich begrüße es, dass die ÖVP hier auf einen gemeinsamen Weg eingelenkt ist." Nun gelte es, den Ausbau rasch umzusetzen und dafür die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Die von der SPÖ geforderte gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen erwähnte er mit keinem Wort.

FPÖ lobt Erhalt des Gymnasiums

Lob in anderer Hinsicht kam von der FPÖ, die wie die ÖVP als Gegner einer Gesamtschule gilt.

Die Freiheitlichen freuten sich über die "Rettung des Gymnasiums" in der Langform und "die Sprachförderung für Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können", sagte Bildungssprecher Walter Rosenkranz. Beides seien alte FPÖ-Positionen. Eine "Mittlere Reife" könne auch ein sinnvoller Beitrag zur Aufwertung der Hauptschulen sein.

Grüne und BZÖ unzufrieden

Anders als die SPÖ wollten die Grünen durch den Fall der 10-Prozent-Hürde der NMS keinen Trend zu mehr Chancengleicheit erkennen. Die ÖVP ignoriere stur die Ergebnisse der Wissenschaft und die Meinung aller seriösen Fachleute und fahre einen bildungspolitischen "Retro-Kurs", sagte Grünen-Bildungssprecher Harald Walser. Und ging sogar noch weiter: Das ÖVP-Konzept trage die unglückliche Handschrift von Beamten-Gewerkschafter Fritz Neugebauer (ÖVP). Die ÖVP solle ihre ideologischen Scheuklappen ablegen und sich der gemeinsamen Schule öffnen, verlangte er.

Die Umbenennung von Hauptschulen in Neue Mittelschulen sei zu wenig und bringe den Schülern keine Verbesserungen, meinte auch BZÖ-Bildungssprecherin Ursula Haubner. Offensichtlich hätten sich innerhalb der ÖVP wieder die Betonierer durchgesetzt.

Bundesländer-Kritik aus Wien und der Steiermark

Überschwänglich fielen die Reaktionen aus den eigenen ÖVP-Reihen aus. Außenminister und ÖAAB-Obmann Michael Spindelegger gratulierte per Aussendung: "Zukunftsweisend". Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht die Weichen für eine bessere Qualifikation der Schüler gestellt.

Lob kommt erwartungsgemäß auch aus den ÖVP-geführten Bundesländern, doch auch in den SPÖ-Ländern Burgenland und Salzburg und im blauen Kärnten sind die Verantwortlichen mit der Bereitschaft der Volkspartei zur Ausweitung der Neuen Mittelschule zufrieden.

In Wien zeigte man sich allerdings alles andere als begeistert: "Wir sehen keine Bewegung bei der ÖVP", ließ Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) über ihren Sprecher ausrichten. Indem man de facto nun alle Schulformen - also Hauptschule, Gymnasium und Neue Mittelschule - stärke, bleibe das stark gegliederte Schulsystem bestehen. Wien werde weiterhin den Weg der "echten" Neuen Mittelschule gehen. Auch die steirische Bildungslandesrätin Elisabeth Großmann (SPÖ) sieht in den ÖVP-Vorschlägen nur "einen kleinen Lichtblick - aber nicht mehr". Das Parallellaufen unterschiedlicher Systeme, wie sie nach Vorstellung der ÖVP nun verlängert werden solle, machten das österreichische Schulwesen ineffizient und teuer.

Burgstaller fordert noch weitere Schritte

Positiver äußerte sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), der die gefallenen Schranken für die NMS hervorhob: "Offensichtlich haben sich in der ÖVP jetzt jene durchgesetzt, die das ähnlich sehen." Auch Salzburgs Gabi Burgstaller (SPÖ) wertete das ÖVP-Papier als "ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung", wenngleich diesem noch weitere folgen müssten, "wenn wir zu einer Bildungsreform kommen wollen, die diesen Namen auch verdient".

Erfreut zeigt sich der Kärntner Bildungslandesrat und FPK-Obmann Uwe Scheuch: "Die Praxis liefert den besten Beweis, dass der Ausbau der Neuen Mittelschule nicht nur zeitgemäß ist, sondern auch die beste Bildungsqualität sicherstellt." Großes Lob kam aus allen ÖVP-geführten Bundesländern. (APA)