München/Wien - 2006 soll das erste Geld aus der Karibik an den seit Mittwoch verhafteten Ex-BayernLB-Risikovorstand Gerhard Gribkowsky geflossen sein. Von der First Bridge Holding Limited auf Mauritius gingen nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" 22,5 Mo. Dollar vorerst an eine Firma Gribkowskys in Österreich. Einen dabei entstandenen Geldwäscheverdacht in einer Anzeige durch Raiffeisen Salzburg konnte dann der auf Stiftungen spezialisierte österreichische Anwalt Gerald Toifl ausräumen. Daraufhin folgte die nächste Tranche, dieses Mal von den Virgin Islands in der Karibik.
Wie berichtet, prüft in Österreich mittlerweile die Sonderermittlertruppe "CSI Hypo", ob es bei Geldflüssen zwischen Kärnten, der Schweiz und Liechtenstein bzw. der Karibik aus dem Jahr 2004 Zusammenhänge mit der neuen Skandalcausa gab. Einen solchen Zusammenhang hat der frühere Hypo-Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer am Donnerstag bestritten.
Hausdurchsuchungen erwartet
Gribkowsky hatte Ende Dezember ausgesagt, er habe diesen Ertrag einmal bei einem erfolgreichen "M&A-Geschäft, irgendeine Fusion", gemacht. Nach den bisherigen Ermittlungen der Münchner Staatsanwalt soll er den Dollar-Regen "getarnt über zwei Beraterverträge" für sein "Entgegenkommen" beim Verkauf der Formel-1-Anteile bekommen haben. Das wäre der größte Schmiergeld-Fall der Bundesrepublik. Die Vorwürfe: Bestechlichkeit, Untreue, Steuerhinterziehung.
Nach Ansicht mehrerer Strafrechtler könnten die Ermittlungen auf weitere damalige Verantwortliche der Landesbank ausgedehnt werden. "Meiner Ansicht nach ist es eine Frage von Tagen, bis die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung bei der BayernLB einleitet", sagte ein Strafrechtler im "Handelsblatt".
Für den deutschen BWL-Professor Manuel Theisen steht schon fest: "50 Millionen Dollar sind ja nicht etwa ein Taschengeld - sie sind das 50-Fache des Jahresgehalts." Und: "Es muss eine Gegenleistung gegeben haben, all dies ist unstrittig", sagte er der "Abendzeitung". Dafür droht Gribkowsky eine Haftstrafe zwischen fünf und zehn Jahren.
Gribkowsky hatte 2006 und 2007 heimlich 50 Mio. Dollar aus der Karibik und aus Mauritius erhalten. Er legte sein Vermögen in der von ihm in Österreich gegründeten Privatstiftung mit Namen "Sonnenschein" (die Stiftungsurkunde datiert vom 3. Mai 2007) an. Nach Abzug von Steuern in Österreich blieben etwa 25 Mio. Euro übrig. Nach Ansicht der Münchner Justiz hätte der damalige BayernLB-Vorstand das Geld in Deutschland wesentlich höher versteuern müssen.
"Belästigung", "Stalking", "Erpressung"
Zum detaillierteren Ablauf der jüngeren Entwicklungen vor der Verhaftung schilderte die "SZ" am Freitag, dass die Zeitung Gribkowsky seit dem 23. Dezember telefonisch und per Mail befragte, woher er 50 Mio. Dollar habe, die 2006 und 2007 auf Umwegen in seiner österreichischen Stiftung gelandet seien. Am Montag nach Weihnachten fand die Münchner Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl ein E-Mail des früheren BayernLB-Vorstands vor. Inhalt: Er wolle so bald wie möglich mit der Justiz reden.
Die Ermittlerin empfing ihn am 29. Dezember. Der Banker kam ohne Anwalt. Er war empört, er schimpfte, die "Süddeutsche" bedränge ihn mit Fragen nach seinem Privatvermögen, Gribkowsky sprach von Belästigung, Stalking und sogar von Erpressung. Gribkowsky überreichte der Staatsanwältin Fragenkataloge der "SZ". Punkt 13 im Mail vom 29. Dezember war die Frage der Journalisten: "Steht der Geldfluss eventuell in Zusammenhang mit früheren großen Geschäften, mit denen die BayernLB und Sie zu tun hatten (Formel 1)?"
Bäumler-Hösl selbst hatte Gribkowsky erst im Februar 2010 als Beschuldigten zum Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria durch die BayernLB vernommen. Damals sagte er, er besitze eine Immobilie, die mit 300.000 Euro belastet sei sowie ein Aktiendepot in gleicher Höhe. Dass in seiner "Sonnenschein Privatstiftung" gut 25 Mio. Euro lagen, sagte er nicht. Dass einst sogar 50 Mio. Dollar geflossen waren, sagte er auch nicht.
Unterlagen ließen Fragen offen
Bäumler-Hösl, so die "SZ", fiel die Formel 1 ins Auge. Alle Unterlagen, die Gribkowsky zur Staatsanwaltschaft mitgebracht hat, klärten die Sache nicht. Die Justiz leitete noch am Abend Vorermittlungen ein. Am Silvestertag erschien der Banker in Begleitung seines Anwalts in der Redaktion der "SZ". Er sei von der Staatsanwaltschaft gebeten worden, sich nicht öffentlich zu äußern. Die Ermittler würden die Sache aber binnen kurzer Zeit klären, dann könne er alles beantworten, sagte er.
Gribkowsky hatte in Salzburg zunächst seine "GG Consulting GmbH" gegründet. Ein paar Monate nach dem Formel-1-Deal - die BayernLB verkauften Ende 2005 ihre Anteile an eine neue britische Gesellschaft namens Alpha Prema, die der Investmentgesellschaft CVC und Bernie Ecclestone gehörte - gingen laut "SZ" bei dieser oder einer anderen Firma Gribkowskys 22,5 Mio. Dollar ein.
Außerdem sicherte sich Gribkowsky die Dienste des Salzburger Anwalts Gerald Toifl. "Ein bisschen Ärger", wie sich die "SZ" ausdrückt, machte anfangs Raiffeisen Salzburg, die bei der örtlichen Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Geldwäscheverdachts erstattete. Toifl kümmerte sich darum, und die Salzburger Ermittlungen fanden ein stilles Ende. Die Summe war als "Honorar aus einem Beratungsvertrag in Zusammenhang mit der Formel 1" deklariert worden. Der Fall galt im April 2007 als erledigt.
"Pikanter Verdacht"
Bald darauf wurden von den British Virgin Islands weitere 27,5 Mio. Dollar überwiesen und bereits am 3. Mai 2007 fertigte ein Notar in Salzburg die Stiftungsurkunde der "Sonnenschein Privatstiftung" aus. Stifter war Gribkowsky.
Die "Financial Times Deutschland" spricht angesichts der neuesten Vermutungen aus der CSI Hypo in Österreich, ob die Karibik-Millionen vielleicht doch nichts mit der Formel 1 zu tun haben könnten, sondern mit Hypo-Geschäften, von einem "pikanten Verdacht". Das Blatt spottet zugleich in Richtung Österreich, dass man sich hier offenbar ärgere, dass die "bösen Piefkes" den Gribowsky-Skandal für sich beanspruchten - "halt, das ist ja wohl unserer!" (APA)