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Mitarbeiter der UN-Mission Unmis im Sudan tragen in Al Lait im nördlichen Darfur Wahlzettel für das Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudan aus einem Helikopter.

Foto: APA/EPA/Chasot

Vom Ablauf des Referendums hängt ab, ob diese Frage friedlich beantwortet werden kann.

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Khartum/Juba - Aus Juba kommen Signale der Entspannung. Kurz vor dem Beginn des Referendums über die Unabhängigkeit am Sonntag, hat der Südsudan einen Waffenstillstand mit Rebellen geschlossen. Der wirkt auch deshalb stabilisierend, weil die Armee des Südsudan davon ausgegangen war, dass der Rebellenführer George Athor von der Zentralregierung gesteuert worden war.

Und obwohl es in diesen Tagen kein weltpolitisches Ereignis gibt, dem mit soviel Sorge begegnet wird - der Süden und der Norden befanden sich jahrzehntelang in einem Bürgerkrieg, der Millionen von Menschen die ökonomische Grundlage oder das Leben raubte - mehren sich die positiven Zeichen. Die Registrierung der Wähler ging überraschend problemlos über die Bühne. Der Besuch des sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir im Süden, wie auch sein Versprechen, das Ergebnis zu akzeptieren, beruhigte all jene, die von vornherein annahmen, dass Khartum tricksen würde.

Trotzdem: Das Referendum ist der große Test für das Friedensabkommen (CAP)von 2005. Gelingt ein halbwegs geordneter Ablauf, sodass die Ergebnisse nicht - wie im Fall der Wahlen - völlig fragwürdig erscheinen, dann gibt es eine gute Chance, dass sich der Norden und der Süden auch in den noch offenen Punkten einigen werden, die erhebliches Konfliktpotenzial bergen.

Dazu gehört vor allem die Frage, wie die Einkünfte aus dem Ölgeschäft künftig verteilt werden sollen. Das bisherige Übereinkommen, nach dem die Einkünfte aus den Ölfeldern des Südens jeweils zur Hälfte geteilt werden, läuft im Juli aus. Mit dem Ölexport wird beinahe das gesamte Budget für den heute autonomen Süden finanziert, aber auch etwa zwei Drittel des gesamtsudanesischen Budgets. 80 Prozent der Ölproduktion liegen im Süden. Der Norden verfügt aber wiederum über die Raffinerien, Pipelines und die Ölhäfen.

Beide Seiten sind abhängig voneinander und könnten voneinander profitieren. Realistischerweise wird aber der Norden Einkünfte verlieren. Bisher ist unklar, welche Wirtschaftszweige - Landwirtschaft und Industrie sind unzureichend entwickelt - diesen Wegfall kompensieren könnten.

Offen ist auch der Status der ölreichen Region Abyei, die an der Grenze zwischen dem Süden und Norden liegt. Darüber soll gesondert entschieden werden. Die Sicherheitslage entlang der Grenze gilt insgesamt als fragil. Bewaffnete Milizen könnten jederzeit staatliche Sicherheitskräfte der einen oder anderen Seite provozieren. Aber auch die Stammeskämpfe im Süden des Landes gehen weiter. Von einer Demilitarisierung kann nicht die Rede sein. Im Südsudan werden 40 Prozent des Budgets für Waffen und Militärausbildung ausgegeben.

Nach dem Referendum bleiben sechs Monate Zeit, um vor der möglichen Schaffung eines neuen Staates die heiklen Fragen zu klären. Auch die Auslandsschulden werden da ein Thema sein. Bisher hat vor allem die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft zur Stabilisierung beigetragen. Die ist auch jetzt entscheidend. Die USA haben bereits angekündigt, den Sudan von der Liste der Staaten zu streichen, die den Terrorismus unterstützen, wenn das Referendum friedlich verläuft. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2011)