Man muss in Budapest dieser Tage etwas genauer zuhören, um die Botschaften zu verstehen. Zumal sie ziemlich verstörend sind. Gergely Pröhle, Staatssekretär im Außenministerium, referierte vor einigen Wochen vor österreichischen Journalisten durchaus süffisant über das Scheitern der Integrationspolitik in Deutschland. Sogar Angela Merkel habe gesagt, der Multikulturalismus sei tot. "Die Moderne hat gar nichts erledigt", sagte Pröhle. Premier Viktor Orbán meinte kürzlich zu der Kritik am Mediengesetz:"Ich denke nicht im Traum daran, das Gesetz zu ändern, und bin nicht geneigt, mit zitternden Knien auf Parlamentsdebatten oder westliches Echo zu reagieren."

Die beiden Politiker brachten die Begriffe "Moderne" oder "westliches Echo" nicht zufällig in den Diskurs ein. Die Fidesz-Regierung hat präzise gesellschaftspolitische Vorstellungen und nimmt bewusst eine Gegenposition zum Westen und seinen Werten ein. Das ist ein klarer Richtungswechsel. Bisher wollten die osteuropäischen Staaten nichts lieber, als langsam in einer westlichen Konzeption von Europa aufzugehen. Der politische Westen dehnte sich in den vergangenen Jahren zusehends in den Osten aus.

Nun ist das anders: Ungarn ist auf dem Weg in den früheren politischen Osten. Der autoritäre Habitus, unter dem das Land lange genug litt, wird nicht als demokratiefeindlich gebrandmarkt, sondern als Weg zur Lösung der wirtschaftlichen und politischen Krise legitimiert. (Adelheid Wölfl /DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2011)