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Cellulite kann Ihr Leben verändern: Ulf Buck firmiert als "Europas bekanntester blinder Hellseher" - doch liest er die vier Buchstaben anstelle herkömmlicher Handlinien.

Foto: REUTERS/Christian Charisius

New York - An der Universität Edinburgh gab es sogar einen Lehrstuhl dafür. Allerdings wäre die bis heute existierende parapsychologische Forschungsgruppe wohl nicht gegründet worden, hätte ihr der von außersinnlichen Phänomenen faszinierte Schriftsteller Arthur Koestler nicht viel Geld hinterlassen.

Außersinnliche Wahrnehmungen sind nach gängiger Lehrmeinung nicht mit guter Wissenschaft vereinbar. Dennoch soll im angesehenen Fachblatt "The Journal of Personality and Social Psychology" demnächst ein Artikel erscheinen, in dem Hinweise dokumentiert werden, bestimmte zukünftige Ereignisse vorherzusehen - ein Klassiker außersinnlicher Wahrnehmung.

Die Studie stammt von Daryl Bem, Emeritus-Professor an der Cornell University, in der neun außergewöhnliche Laborexperimente beschrieben werden, die in den vergangenen zehn Jahren mit mehr als 1000 Testpersonen durchgeführt wurden. In einem der Experimente ging es darum, dass die Probanden vorhersagen sollten, hinter welcher Seite eines Vorhangs am Computerbildschirm ein Foto erscheinen würde. Die Leute mussten zuerst die Wahl treffen, ob links oder rechts, dann erst wählte die Software zufällig eine Seite aus.

Das Ergebnis: Bei normalen Bildern gehorchten die Vorhersagen dem Zufall, also 50 Prozent richtig; zeigten sie erotische Bilder, stiegen die richtigen Vorhersagen auf 53 Prozent. Wie es zu diesem Ergebnis kam, bleibt unerklärt.

Die New York Times berichtet nun davon, dass die bervorstehende Veröffentlichung des Artikels für eine Menge Ärger unter den Fachpsychologen sorgt. Von einer "Peinlichkeit für den gesamten Forschungsbereich" ist die Rede.

Der Herausgeber der Fachzeitschrift, Charles Judd, rechtfertigt sich hingegen damit, dass vier qualifizierte anonyme Gutachter den Text für publizierbar befunden hätten. Das kontern wieder andere, dass gerade so gewagte Behauptungen wie die Bems eine besonders eingehende Begutachtung erfordert hätten.

Andere Fachkollegen schließen nicht aus, dass der Text nur deshalb durch das Peer-review gerutscht sei, weil Bem ein höchst angesehener Forscher sei. Und ein weiterer befragter Psychologe vermutet gar, dass der für seinen Humor bekannte Emeritus sich mit der Publikation gar einen Spaß erlaubt haben könnte.

Bem jedenfalls bestätigt, dass drei unabhängige Wiederholungen seiner Experimente gescheitert seien. Aber es gebe hunderte Nachfragen. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 8./9. 1. 2011)