Berlin/Seoul - Nicht nur in Deutschland sorgt man sich angesichts des Dioxin-Skandals um die Qualität des Fleisches: Südkorea mag vorerst kein deutsches Fleisch mehr einführen. Unterdessen wehren sich die Öl- und Fetthersteller gegen die zahlreichen Vorwürfe.

Wegen des Dioxin-Skandals hat Südkorea die Einfuhr von deutschem Schweinefleisch und Geflügelprodukten gestoppt. Wie ein hoher Beamter im Landwirtschaftsministerium in Seoul am Samstag mitteilte, sei die Quarantänekontrolle von Fleischprodukten aus Deutschland eingestellt worden. Es handele sich um eine vorübergehende Maßnahme, sagte Chang Jae Hong. Es sei aber kein formales Importverbot verhängt worden.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag) ist Südkorea das erste Land, das die Einfuhr deutschen Fleisches wegen des Dioxinskandals eingestellt hat. Ein Sprecher des EU- Gesundheitskommissars John Dalli sagte dem Blatt, dass die Südkoreaner von der EU-Kommission sogar ein offizielles Exportverbot verlangt hätten.

"Bis wir hören, dass das Fleisch sicher ist"

Fleischprodukte aus Deutschland würden solange nicht mehr eingeführt, "bis wir hören, dass das Fleisch sicher ist", sagte Chang. Die deutschen Behörden seien um detaillierte Informationen gebeten worden. Deutsche Fleischprodukte, die sich bereits im Land befinden, werden dem Ministerium zufolge gründlich geprüft, ob sie Giftstoffe enthalten.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass verseuchtes Tierfutter in Deutschland schon viel länger im Umlauf ist als bisher bekannt. Zudem war die Giftdosis bei neuen Proben vom Futterfetthersteller Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein bis zu 78 Mal so hoch wie erlaubt, und zwar in neun von zehn Proben, wie das Kieler Agrarministerium mitteilte.

Die untersuchten Tranchen stammen aus der Zeit vom 11. November 2010 bis Ende Dezember. Alles in allem wurden mehrere hundert Proben mitgenommen, datiert auf die Zeit seit Juni. Aber bereits im März fand ein Labor in Industriefetten der Firma Dioxinwerte, die doppelt so hoch lagen wie der Grenzwert. Die Behörden erfuhren davon jedoch nichts.

Unterdessen forderte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure (BVLK), Martin Müller, eine Veröffentlichung unsauber arbeitender Betriebe. Dadurch würden Firmen "angespornt, sich zu bessern", sagte er der "Frankfurter Rundschau" (Samstag). In Deutschland arbeiteten laut Statistik "75 Prozent der Betriebe einwandfrei, die restlichen 25 Prozent weniger. Darum brauchen wir eine Kennzeichnung, wie es sie in Dänemark gibt", sagte Müller. Dort sei durch die Einführung des Bewertungssystems die Zahl der sauber arbeitenden Betriebe gestiegen.

Im System der Lebensmittelüberprüfung in Deutschland brauche es zudem mehr Kontrolleure und einheitliche Regeln, denn momentan habe jede Kommune unterschiedlich viele Prüfer, so Müller weiter.

Öl- und Fetthersteller wehren sich

Der Verband der Öl- und Fetthändler wehrt sich gegen Vorwürfe, dass die Rohstoffe für Futtermittel nicht ausreichend kontrolliert würden. "Alle Betriebe in der Lebensmittelkette haben in den vergangenen zehn Jahren ein umfangreiches Qualitätsmanagement aufgebaut", sagte Christof Buchholz, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes des Großhandels mit Ölen, Fetten und Ölrohstoffen (Grofor), der Nachrichtenagentur dpa in Hamburg.

In den größeren Betrieben würden die Lieferungen mit einem Monitoringsystem genau kontrolliert. Das betreffe nicht nur Dioxin, sondern auch die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Schwermetalle oder andere potenziell gesundheitsschädliche Stoffe. Kleinere Betriebe würden ihre Handelswaren stichprobenartig überprüfen. Sollte aber im aktuellen Fall kriminelle Energie im Spiel gewesen sein, seien alle Kontrollen zur Qualitätssicherung wirkungslos.

Nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) werden im Dioxinskandal die Auswirkungen einer verfehlten Agrarpolitik deutlich, deren Weichenstellungen vorrangig darauf ausgerichtet seien, dass Lebensmittel immer billiger werden müssen. Der ständige Preisdruck und eine immer stärkere Konzentration in der Nahrungsindustrie sorgten immer wieder für Lebensmittelskandale großen Ausmaßes. Der BDM-Vorsitzende Romuald Schaber forderte die Politik zum Handeln auf: "Billige Lebensmittel und weltweite Wettbewerbsfähigkeit dürfen nicht weiter die alleinige Richtschnur des politischen Handelns sein." (APA/dpa)