München - Im Europäischen Parlament wächst der Druck auf die EU-Kommission, schnell über das umstrittene neue Mediengesetz in Ungarn zu entscheiden. Der Chef der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt, sagte dem Magazin "Focus": "Hier geht es um fundamentale Rechte. Dafür kann die Kommission sich nicht monatelang Zeit lassen, sondern muss zügig handeln."

Nach Angaben der Kommission könnte die Prüfung des Gesetzes bis März dauern. Kritiker sehen in den neuen ungarischen Regeln eine Beschneidung der Pressefreiheit. Ungarn hat seit Beginn des Jahres den Ratsvorsitz der EU inne. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der zuvor eine Änderung des Gesetzes kategorisch ausgeschlossen hat, kündigte am gestrigen Freitag nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso in Budapest an, entsprechenden Bedenken der EU-Kommission Rechnung tragen zu wollen.

Das Gesetz ist mit Jahreswechsel in Kraft getreten, zeitgleich mit dem Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft. Die von der Regierungspartei Fidesz kontrollierte Medienbehörde NMHH kann auf Grundlage des Gesetzes Medien, deren Berichte als "nicht politisch ausgewogen" erachtet werden, mit drakonischen Geldstrafen von bis zu 730.000 Euro belegen. Auch müssen Journalisten dem Gesetz zufolge ihre Quellen offenlegen, wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit geht.

Das Internationale Presse-Institut (IPI) berichtete am Freitag von einem ersten Fall, in dem die Medienbehörde gegen einen privaten Radiosender vorgehe. Dem Sender Tilos wird vorgeworfen, Lieder des US-Rappers Ice-T mit nicht jugendfreiem Inhalt im Nachmittagsprogramm abgespielt zu haben, was das neue Gesetz verbietet. (APA/dpa)