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Die Vereinten Nationen wollen der Ursache für den erneuten Choleraausbruch in Haiti auf den Grund gehen.

Foto: REUTERS/ALLISON SHELLEY

Ein Zug an der Zigarette kann gefährlich sein. Nicht nur wegen des Tabakrauchs - sondern wegen der Cholera. "Den meisten Mitarbeitern von Ärzte ohne Grenzen, die sich infiziert haben, ist das beim Rauchen passiert", erzählt die Schweizerin Martina, Chefkrankenschwester der Cholerastation am Ortseingang von Leogane. "Sie hatten die Erreger an den Händen und haben sie so in die Nähe des Mundes gebracht."

Am Eingang des Lagers wird man daher an ein Hallenbad erinnert. Mit Chlorlösung werden an mehreren Kontrollpunkten die Schuhsohlen abgespült, um die Erreger der tödlichen Durchfallerkrankung draußen zu halten. Auch die Hände muss man sich verpflichtend waschen, ehe man das abgezäunte Areal betreten kann. Eine Prozedur, die seit fünf Wochen schon fast 1700 Kranke über sich ergehen ließen.

In der Woche vor Weihnachten 374 Neuerkrankungen

"Wir hoffen aber, dass der Höhepunkt der Epidemie erreicht ist", sagt Florian Teutsch, ein 30-jähriger Wiener, der für die Logistik verantwortlich ist. "In der Woche vor Weihnachten hatten wir noch 374 Neuerkrankungen, in den beiden Wochen darauf um rund 100 weniger", erzählt er. Ein Teil der großen Krankenzelte ist wieder abgebaut worden.

Mehr als 3600 Menschen sind nach offiziellen Angaben in dem Karibikstaat mittlerweile an der Seuche gestorben, etwa 150.000 Personen erkrankten. Wie die Cholera erstmals seit Generationen wieder ins Land gekommen ist, ist noch ungeklärt. Der Verdacht richtet sich aber gegen nepalesische UN-Soldaten. Etwa eine Woche, nachdem sie einen Stützpunkt an einem Fluss nördlich der Hauptstadt Port au Prince bezogen hatten, traten die ersten Fälle auf. Analysen zeigten, dass es sich um einen Erregerstamm handelte, der in Südostasien heimisch ist.

UN stellt Nachforschungen an

Bei den Vereinten Nationen hatte man zunächst jeden Zusammenhang bestritten. Mittlerweile ist man vorsichtiger geworden. Am vergangenen Donnerstag kündigte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon an, ein vierköpfiges unabhängiges Team werde nach Haiti geschickt, um Nachforschungen anzustellen. "So seltsam es klingt, aber dass die Cholera in dem Land fast ausgerottet war, hat auch etwas Positives", sagt Ärzte-ohne-Grenzen-Logistiker Teutsch. "Die Leute wissen nichts über die Krankheit und haben Angst. Daher befolgen sie aber auch die Verhaltensregeln."

Auch Singen soll gegen die Epidemie helfen. Mehrmals pro Woche findet in von der Hilfsorganisation Care betreuten Lagern Cholera-Aufklärung statt. Eine der Vortragenden hat für die Kinder ein Lied komponiert, in dem die Bedeutung des gründlichen Händewaschens vermittelt wird. Frauen- und Müttergruppen wiederum bekommen praktische Ratschläge. Bricht die Krankheit aus, soll man Wasser, drei Löffel Zucker, einen halben Löffel Salz und - für den Geschmack - Zitronensaft mischen, um eine Rehydrationslösung zu haben, bis man medizinische Hilfe erreicht. (Michael Möseneder aus Port au Prince, DER STANDARD-Printausgabe, 10.1.2011)

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