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Am Sonntag gedachten die Linken-Chefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst (re.) Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts.

Foto: APA/EPA/Jensen

Auch Teile der Linkspartei sind über Lötzsch entsetzt.

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Einträchtig schritten sie am Sonntag auf dem Berliner Friedhof Friedrichsfelde nebeneinander her, hatten rote Nelken in der Hand und bemühten sich, das Zerwürfnis zu überspielen. Die Linken-Chefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, Fraktionschef Gregor Gysi, der ehemalige Parteichef Oskar Lafontaine und viele, die sonst noch in der Linkspartei Rang und Namen haben - sie alle fanden sich zur traditionellen Gedenkfeier für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ein.

Doch als Lötzsch den Kranz für die beiden im Jänner 1919 ermordeten Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands niederlegte, war die Aufmerksamkeit deutlich größer als in den vergangenen Jahren. Denn Lötzsch hat gerade Teile ihrer eigenen Partei und alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien mit einem Beitrag in der linksradikalen Zeitung Junge Welt aufgescheucht.

Kommunismus ausprobieren

"Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung" , schreibt sie darin. Kein Wort über die vielen Opfer des Kommunismus, keine Kritik an diesem totalitären System, von dem sich die Realpolitiker der Linken seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu distanzieren mühen.

Von Bodo Ramelow, Fraktionschef in Thüringen und einem der pragmatischen Vordenker in Ostdeutschland, kassierte Lötzsch promt eine Rüge: "Ich hätte mir gewünscht, dass auch Gesine Lötzsch dieses Wort nicht gebraucht hätte, ohne der blutigen Spur des Kommunismus auch nur einen Viertelsatz zu widmen." Auch Fraktionschef Gysi distanzierte sich umgehend. Es hätte natürlich in dem Beitrag nicht unerwähnt bleiben dürfen, "welche Verbrechen im Namen des Kommunismus begangen wurden" .

Demokratische Sozialistin

Zwar versucht Lötzsch nun die Wogen zu glätten und erklärt: "Ich bin keine Kommunistin, sondern eine demokratische Sozialistin." Und auch, dass sie sich den Kommunismus "jetzt gar nicht vorstellen" könne. Bei SPD-Chef Sigmar Gabriel jedoch kam das nicht an. Er nutzte die Kommunismus-Debatte, um sich von der Linkspartei zu distanzieren. "Eine Partei, die solche Zweifel an ihrer demokratischen Grundorientierung zulässt, kommt als Partner für uns auf Bundesebene nicht infrage. Wer glaubt, den Kommunismus ausprobieren zu müssen, sei es in Opposition oder gar in einer Regierung, dem kann wohl niemand mehr helfen."

Gabriel, dem bisher nachgesagt wurde, er wolle die schwarz-gelbe Bundesregierung 2013 mit einem linken Bündnis aus SPD, Grünen und Linken ablösen, lud unzufriedene Mitglieder und Politiker der Linkspartei auch gleich dazu ein, sich bei der SPD zu engagieren. Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erklärte mit Blick auf eine mögliche Koalition zwischen Sozialdemokraten und Linkspartei in Sachsen-Anhalt, man werde sich bei der bevorstehenden Landtagswahl im März genau ansehen, "ob die Altkader in der Linkspartei sich durchsetzen, oder ob es vernünftige Kräfte sind." (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2011)