Wien - Die programmatische Klammer war der Trauermarsch: Zum Schluss seiner Metamorphosen zitiert der greise Richard Strauss den Beginn des Adagio assai von Beethovens Eroica - dazu notierend: "In Memoriam!" Wessen gedenkend: Beethovens? Der Millionen Kriegstoten? Des zerbombten München? Die Wissenschaft weiß sich uneins.

Jedenfalls hatte Strauss das Spätwerk 1944/45 in stark umwölkter Gefühlslage verfasst - Deutschland und das eigene Leben waren im Prinzip am Ende. Ursprünglich als Werk für Streichsextett und Kontrabass konzipiert, baute Strauss das Streicherlamento zu einer "Studie für 23 Solostreicher" auf. Mit Verve wühlten sich die Symphoniker durch die Leidenschaftsballungen, souverän angeführt vom dynamischen Ersten Konzertmeister Florian Zwiauer. Dirigent Philippe Jordan bewies Übersicht im langfristigen dynamischen Aufbau wie auch in Belangen der steten Akzeleration des Tempos; anfänglich konnte man in diesem Kontext seine großräumigen Bewegungsabläufe überdimensioniert finden.

Natürlich: Jordan ist nicht erst als Musikchef der Pariser Oper gewohnt, über große Distanzen zu motivieren, und so fand man den 36-Jährigen denn auch in seinem Element, als es daran ging, Beethovens witzpralles Heldenepos nachzugestalten. Jordan tat es mit präzisem Elan, mit einer Akribie, Eleganz und Elastizität. Resultat war eine aufregende, abwechslungsreiche Eroica, die aufgrund der überschießenden, unentwegten Gestaltungsfreude des Schweizers einen Tick mehr unterhielt als erbaute.

Die Symphoniker jedenfalls blühten unter solcher Dauermotivation auf, präsentierten sich blitzsauber, sensibel, kraftvoll. Das hätte wohl auch den alten Strauss wieder zu positiveren Gedanken finden lassen. (end, DER STANDARD - Printausgabe, 10. Jänner 2011)