Angelobung der neuen Mitglieder des VfGHs: Georg Lienbacher, Michael Holoubek und Ersatzmitglied Barbara Leitl-Staudinger.

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Wien - Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), Gerhart Holzinger, hat die Regierung am Montag aufgefordert, 2011 zum "längst überfälligen" Jahr der Reformen zu machen. "Mit Stillstand, mit Blockade und mit dem Aufschieben längst überfälliger Reformen wird auf Dauer - im wahrsten Sinn des Wortes - 'kein Staat zu machen sein'", sagte Holzinger bei der Angelobung der beiden neuen Verfassungsrichter Michael Holoubek und Georg Lienbacher.

"Es ist nicht zu übersehen, dass sich eine gewisse Lethargie breit gemacht hat", kritisiert Holzinger mit Verweis auf die seit Jahren eingemahnten aber nicht umgesetzten Reformen. Er betont, dass es für den Abbau von Doppelgleisigkeiten im Bereich von Schulverwaltung, Gesundheitswesen und Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits fertige Konzepte gibt. "Zu jedem dieser Themen gibt es brauchbare Vorschläge, die längst auf dem Tisch liegen. Was allein fehlt, ist der Wille oder der Mut zur verfassungspolitischen Tat", meint Holzinger.

Angelobung führt zu Verjüngung des VfGH

Angesichts des verschärften internationalen Wettbewerbs wäre es umso wichtiger, alle Ressourcen nutzbar zu machen und dazu zähle auch eine effiziente staatliche Organisation. "Nach langem Anlauf sollte endlich der Sprung erfolgen. Es wäre sehr zu hoffen, dass das Jahr 2011 in die Geschichte unserer Republik als ein Jahr der - längst überfälligen - Reformen eingeht", fordert Holzinger.

 Mit der Angelobung von Michael Holoubek (48) und Georg Lienbacher (49) erfährt der Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine weitere Verjüngung. Das Durchschnittsalter der 14 Verfassungsrichter liegt jetzt etwas unter 57,5 Jahren. Außerdem ist mit Herbert Haller der einzige von der FPÖ nominierte Verfassungsrichter aus dem Amt ausgeschieden, womit nun wieder alle 14 Mitglieder des Höchstgerichts von den aktuellen Koalitionsparteien nominiert wurden - davon neun von der ÖVP, fünf von der SPÖ.

Auch Holzinger war ÖVP-Kandidat

In den nächsten beiden Jahren stehen drei weitere Nachbesetzung wegen Pensionierung 70-jähriger VfGH-Mitglieder an - womit dann nach sieben Neubesetzungen seit 2010 der VfGH zur Hälfte erneuert sein wird. In der aktuellen Riege ist der jüngste Verfassungsrichter Christoph Grabenwarter mit 44 Jahren. Der älteste, Willibald Liehr, wird heuer 70. Für ihn wird Ende des Jahres ein Nachfolger gesucht.

Vorgeschlagen hat ihn die ÖVP - wie auch die große Mehrheit der Mitglieder: Neun der 14 wurden von der Volkspartei nominiert - darunter auch Präsident Gerhart Holzinger und Vizepräsidentin Brigitte Bierlein. Die Nominierung Holzingers zum Nachfolger Karl Korineks erfolgte allerdings in großer rot-schwarzer Einigkeit: Holzinger mit seiner Vergangenheit als CV-er, der unter SPÖ-Kanzlern im Bundeskanzleramt Karriere machte, war der ideale Kompromisskandidat.

Das Vorschlagsrecht stand - nach der Koalitions-Usance - aber der ÖVP zu, weil die SPÖ den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Clemens Jabloner, nominiert hatte.

Verfassungsrichter werden ohne Befristung bestellt, sie können nur durch eine Entscheidung des VfGH selbst abgesetzt werden. Ihr Amt endet mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren. (APA)