Berlin - Der deutsche Linke-Chef Klaus Ernst lehnt eine "Diktatur des Proletariats" nach altkommunistischem Vorbild ab. Ernst sagte am Montag der Nachrichtenagentur dapd zum politischen Jahresauftakt der Linken in Berlin: "Niemand will den Kommunismus. Weder die Linke noch (die Co-Vorsitzende) Gesine Lötzsch". Der Begriff Kommunismus tauche auch weder im alten noch im neuen Parteiprogramm auf. "Wir wollen keine Diktatur, auch nicht die des Proletariats", betonte Ernst.
Die Kommunismus-Debatte wurde ausgelöst durch einen Beitrag von Lötzsch für die marxistische Zeitung "Junge Welt". Darin kommt sie unter der Überschrift "Wege zum Kommunismus" zu dem Schluss: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung." Im letzten Satz hatte Lötzsch aber vom demokratischen Sozialismus als Zukunftsdevise gesprochen. Ernst sagte dazu, ihr Aufsatz werde teilweise "bösartig falsch interpretiert".
"Wir stehen für den demokratischen Sozialismus"
Ernst betonte, die Linke diskutiere nicht über irgendwelche Begrifflichkeiten, sondern über Lösungen für die Probleme der Menschen. Die Pensionisten wollten nicht den Kommunismus, sondern mehr Pension. Die Arbeitnehmer wollten einen Mindestlohn, die Familien eine ordentliche Betreuung und Ausbildung für die Kinder. Dafür gebe es demokratische Mehrheiten. "Für die kämpfen wir."
Ernst sagte: "Wir stehen für den demokratischen Sozialismus." Aus der aktuellen Debatte müssten die richtigen Lehren gezogen werden. Man müsse offen miteinander über "unsere Geschichte reden". Das müsse auch im Programm an prominenter Stelle Niederschlag finden.
"Mit Haut und Haar Demokratin"
Gesine Lötzsch hat am Montag Kritik an ihren Äußerungen zum Kommunismus erneut scharf zurückgewiesen und SPD-Chef Sigmar Gabriel eine "üble Diffamierungskampagne" vorgeworfen. "Ich bin mit Haut und Haar Demokratin", sagte Lötzsch am Montag vor 800 Mitgliedern zum politischen Jahresauftakt in Berlin. Ziel der Linken sei der "demokratische Sozialismus", ihm gehöre die Zukunft. "Wir sind keine kommunistische Partei", betonte Lötzsch.
Sie sagte, in ihrem Beitrag für die linke Zeitung "Junge Welt" habe sie die Frage nach einer künftigen Gesellschaft extrem angespitzt. "Wir brauchen eine andere Gesellschaft", der Kapitalismus sei nicht das Ende der Geschichte, sagte sie unter dem Beifall der Genossen. Der Kapitalismus sei aus dem Ruder gelaufen, daher sei es legitim, über eine andere Gesellschaft nachzudenken. Sie sei auch dagegen, den Begriff Kommunismus aus dem Sprachgebrauch der Linken zu streichen, denn dann sei darüber auch keine kritische Auseinandersetzung mehr möglich.
Scharfe Kritik übte Lötzsch an Gabriel. Dieser habe sowieso nie vorgehabt, nach der nächsten Bundestagswahl mit der Linken zu koalieren sondern immer auf eine Neuauflage von Rot-Grün gesetzt. Dabei sei sie sicher, dass niemand einen neuen Aufguss der Agenda-2010-Politik der damaligen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder wieder haben wolle.
Angesichts der sieben anstehenden Landtagswahlen in diesem Jahr rief Lötzsch ihre Partei zu Geschlossenheit und Selbstbewusstsein auf. Gerüchten über Unstimmigkeiten mit ihrem Co-Vorsitzenden Klaus Ernst widersprach sie energisch. "Wir beide verstehen uns bestens", sagte sie. (APA/dapd)