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"Kampf der Zentauren": Trotz Signatur von Egon Schiele hegen Experten Zweifel.

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Wien - Ölgemälde von Egon Schiele zählen zu den international mit Abstand teuersten österreichischen Kunstwerken überhaupt. Zumindest jene, die im Werkverzeichnis des Künstlers bereits erfasst sind. Und natürlich käme ein "neuentdecktes", d. h. in der Fachliteratur bislang unbekanntes Ölbild nahezu einer Sensation gleich. Einem Bericht in der Sonntagsausgabe (9. 1.) der Tageszeitung Österreich zufolge sei um eine solche Neuentdeckung ein Streit, ja ein regelrechter "Millionen-Krimi" entbrannt. Mitte der 1980er habe ein gewisser Wolfgang F. das 155 mal 100 cm große Bild Kampf der Zentauren für etwa eine Million Schilling, umgerechnet rund 72.600 Euro, aus Privatbesitz käuflich erworben.

Kredit ohne Expertise?

Zwei Scheidungen und einige finanzielle Schwierigkeiten später soll er "seinen größten Schatz" seinem Anwalt Walter R. treuhänderisch übergeben haben. Schließlich sei das Bild außer Landes gebracht worden und zuletzt in der Münchner Pinakothek gelagert gewesen. Als der eigentliche Besitzer Wolfgang F. das Bild vergangenes Jahr ebendort abholen wollte, wartete insofern eine Überraschung, als ihm sein Rechtsanwalt zuvorgekommen war. Nicht nur das, hatte der das Bild bei der Oberbank (Linz) zur Belehnung eines Kredites verpfändet. Laut Österreich ging es um einen Betrag in der Höhe von 1,6 Millionen Euro. Oberbank-Sprecher Frank Helmkamp will das mit Verweis auf das Bankgeheimnis nicht bestätigen, nur so viel, dass der Kreditnehmer sein Eigentum nachgewiesen habe. Von einer Expertise, welche die Echtheit bestätigen würde, weiß er nichts, vermutet aber, dass eine solche wohl vorgelegt worden wäre.

Die gibt es, versichert Wolfgang Höllrigl, Chronik-Redakteur bei Österreich. Konkret ein handschriftliches Fax mit dem Briefkopf vom Mumok (Wien), die Unterschrift sei schlecht lesbar, Detlev irgendwie. Nein, einen Kurator mit diesem Vornamen gäbe es im Mumok nicht, erklärt Rainer Fuchs, wissenschaftlicher Leiter und stellvertretender Direktor dem Standard. Aber er erinnert sich an einen bis Anfang der 90er- Jahre im Haus tätigen Restaurator Namens Detlev Kreidl. Dieser bestätigte in dem an den Anwalt Walter R. gerichteten Schreiben unter Punkt 5: "Echtheit: Da immer in Privatbesitz, gibt es keine Zweifel." Damit dürfte sich die Oberbank dem aktuellen Stand der Dinge nach zufrieden gegeben haben. Dazu ließ man sich laut Österreich auch von einem Auszug des Art Loss Register blenden, das ja lediglich Kunst verzeichnet, die gestohlen wurde, aber nicht über die Echtheit urteilt.

Der Tenor des Wiener Kunsthandels: eher ein Scherz als ein Schiele, der angebliche Wert von acht Mio Euro völlig absurd. Auch gegenüber der APA meldeten Experten Zweifel an, darunter Otto Hans Ressler (Auktionshaus "im Kinsky"), der das Bild 2009 im Depot der Oberbank besichtigt hatte. Seine Einschätzung - "von Schiele wirklich sehr weit entfernt".

Generell sind Arbeiten Egon Schieles auf dem (internationalen) Kunstmarkt nur dann verkäuflich, wenn sie entweder im Werkverzeichnis publiziert sind oder über ein Gutachten von Jane Kallir, der einzigen international anerkannten Schiele-Expertin, oder von Rudolf Leopold verfügen. Ja, bestätigt Jane Kallir dem Standard, sie erinnere sich dunkel an eine diesbezügliche Anfrage, eine Expertise hätte sie für dieses "entsetzliches Bild" aber definitiv nie verfasst. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD - Printausgabe, 11. Jänner 2011)

Das MUMOK reagierte darauf am Mittwoch mit folgender Stellungnahme: "Ein ehemaliger Restaurator des Museums soll Anfang der 1990er Jahre eine Expertise zum oben genannten Bild auf Museumsbriefpapier angefertigt haben. Dem MUMOK liegen dazu keinerlei offizielle Dokumente vor. Fest steht jedoch: MitarbeiterInnen war und ist es nicht gestattet, Gutachten, Expertisen oder Echtheitszertifikate im Namen der Institution abzugeben. Wenn eine derartige Expertise in Umlauf gebracht wurde, so geschah dies ohne Wissen und Billigung der damaligen Museumsleitung. Auch für die Gegenwart sind derartige Praktiken aus zu schließen." (red)