Bild nicht mehr verfügbar.

Straßenschlacht in Sidi Bouzide

Foto: AP/dapd

Bild nicht mehr verfügbar.

Demo für die Freilassung Gefangener in Tunis

Foto: AP/dapd/Hassene Dridi

Bild nicht mehr verfügbar.

Protest gegen Zensur in Tunis

Foto: AP/dapd/Hassene Dridi

Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Tunis - Nach den Unruhen in Tunesien hat Präsident Zine al-Abidine Ben Ali den Innenminister abgelöst. Nachfolger werde der Staatssekretär Ahmed Friaa, teilte Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi am Mittwoch mit. Zugleich habe der Präsident angeordnet, alle bei den jüngsten Krawallen Festgenommenen freizulassen. Vorwürfen der Korruption und des Fehlverhaltens von Beamten sollten in einem Untersuchungsausschuss nachgegangen werden.

Die schwersten Unruhen seit Jahrzehnten in Tunesien haben am Dienstag auch die Hauptstadt Tunis erreicht. Die Polizei feuerte am Dienstag am Stadtrand Warnschüsse in die Luft ab, um Menschen daran zu hindern, Gebäude anzugreifen, wie verschiedene Augenzeugen berichteten. Die Polizei setzte außerdem Tränengas-Granaten ein. Einem Reuters-Reporter zufolge warfen Hunderte Jugendliche Steine auf Polizisten, zertrümmerten Läden, setzten eine Bank sowie ein Regierungsgebäude in Feuer. Straßen seien mit brennenden Reifen blockiert worden. Offiziellen Angaben zufolge kamen bei den gewaltsamen Protesten für mehr Jobs und bessere Lebensbedingungen bisher 23 Zivilisten ums Leben. Laut Menschenrechtsorganisationen liegt die Zahl jedoch höher.

"In Kasserine herrscht Chaos"

Das tunesische Regime hatte am Wochenende zunächst von 14 Toten gesprochen. Allein in Kasserine im Mittelwesten des Landes seien aber seither mehr als 50 Menschen getötet worden, sagte der Gewerkschafter Sadok Mahmoudi unter Berufung auf Krankenhausmitarbeiter. "In Kasserine herrscht Chaos." Häuser und Geschäfte würden geplündert, die Polizei habe sich zurückgezogen. Auf den Dächern lauerten Scharfschützen, sagte Mahmoudi vom tunesischen Gewerkschaftsdachverband UGTT. Eine andere Quelle, die anonym bleiben wollte, sprach unter Berufung auf einen Arzt und drei Krankenschwestern des Krankenhauses von Kasserine von 68 Toten. Die Opfer seien demnach von Heckenschützen und Sicherheitskräften erschossen worden.

Präsident sieht "Terror"

Präsident Zine al-Abidine Ben Ali hat die Proteste gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit als Terrorakte verurteilt. Sie seien aus dem Ausland gesteuert, um Tunesien zu schaden. Gleichwohl kündigte Ben Ali bis Ende 2012 die Schaffung von 300.000 Arbeitsplätzen an. Trotz dieser Zusage kam es nach Berichten von Augenzeugen in zwei weiteren Städten zu neuen Protesten, bei denen die Polizei Tränengas einsetzte. Wegen der Unruhen sind Schulen und Universitäten bis auf weiteres geschlossen.

Protest gegen Zensur

Rund 100 Zeitungsjournalisten warfen der Regierung unterdessen vor, Nachrichten zu unterdrücken. Die Berichterstatter zeigten Bilder von Toten und riefen bei einer Protestkundgebung "Freiheit für Tunesiens Presse". Die Proteste sind ungewöhnlich, weil die tunesischen Journalisten normalerweise als regierungsfreundlich gelten. "Wir dürfen nicht länger Lautsprecher der Regierungspropaganda sein, sondern müssen uns unsere Freiheit zurückerobern", rief ein früherer Chef der Journalistengewerkschaft seinen Kollegen zu.

Das Video zeigt eine Studentendemo in Tunis am Dienstag. Die Demonstranten bilden den Schriftzug "Horiya" (Freiheit).

Frankreich fordert Dialog

Die ehemalige Protektoratsmacht Frankreich, die sich bisher auffallend zurückgehalten hat, rief am Dienstag zur Ruhe auf. Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme könnten nur durch einen Dialog zwischen der Regierung und den Demonstranten gelöst werden, sagte Regierungssprecher Francois Baroin. Die Europäische Union hatte am Montag "Zurückhaltung beim Einsatz von Gewalt und die Respektierung der Grundfreiheiten" gefordert. Blogger, Journalisten, Rechtsanwälte und andere festgenommene Personen, die friedlich demonstriert hätten, seien umgehend freizulassen, heißt es in einer EU-Erklärung. Eine Intensivierung der Beziehungen zwischen der EU und Tunesien sei nur möglich, wenn beide Seiten den Menschenrechten und Grundfreiheiten verpflichtet seien. (Reuters/APA)