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Bei Kontrollen in Niedersachsen wurden erhöhte Dioxinwerte in Schweinefleisch festgestellt.
Berlin/Wien - Zuerst waren "nur" Eier und Hühnerfleisch betroffen, jetzt sind es auch Schweine. Nachdem im Landkreis Verden (Niedersachsen) bei einer Kontrolle ein stark erhöhter Dioxinwert nachgewiesen wurde, mussten mehrere hundert Schweine vorsorglich getötet werden.
Der betroffene Betrieb gehört zu den Kunden von Harles und Jentsch, jenem Futtermittelhersteller in Schleswig-Holstein, der das kontaminierte Fett als Ausgangsprodukt für Futtermittelhersteller in Umlauf gebracht hatte. Die Behörden in Niedersachsen gehen davon aus, dass sie noch mehr dioxinverseuchtes Fleisch finden werden, zumal noch einhundert Betriebe gesperrt sind. In Hannover stellte sich am Dienstag heraus, dass dioxinbelastete Eier auch verkauft wurden. Sie stammen aus einem später dann gesperrten Betrieb im Landkreis Cloppenburg. Das Landesamt für Verbraucherschutz rät vom Konsum von Eiern mit dem Erzeugercode 2-DE-0350384 ab.
Als Konsequenz aus den Vorgängen wollen Bund und Länder eine Warndatei im Internet einrichten, die ganz Deutschland erfasst. Lebensmittelkontrolle ist in Deutschland Ländersache, die Länder informieren daher nur über Probleme in ihren Regionen.
In Österreich sehen sich die Behörden weiterhin auf der sicheren Seite. Es gebe keine Hinweise darauf, dass hierzulande bei den betroffenen Betriebe eingekauft worden wäre, heißt es bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Tests auf Dioxin zeigten keine Überschreitung des Grenzwerts. Die Fleischindustrie hingegen hat so manche Zweifel. Österreich spiele das Thema herunter. 60 Prozent des hier konsumierten Schweinefleisches werde aus dem Ausland importiert, großteils aus Deutschland, erzählt ein Mäster dem Standard, lückenlose Kontrolle sei unmöglich, der Kostendruck enorm. Für ein gut 150 Kilo schweres Schwein gebe es derzeit nach der Schlachtung gerade einmal 120 Euro, das Futter koste die Hälfte davon. Ein paar Cent mehr und Kunden stiegen auf günstigeren deutschen Rohstoff um.
Johann Schlederer bestätigt den hohen Importanteil so nicht. Zehn Prozent des Frischfleisches, maximal rund 40 Prozent der Wurstwaren kämen aus dem Ausland, sagt der Chef der Schweinbörse. Es sei aber klar, dass sich Österreich von der deutschen Krise nicht abkoppeln könne. Schließlich importiere man von dort jährlich rund zwei Mio. Schweine. Kaum einer wisse, wo diese genau gemästet würden. Er appelliere an die Lebensmittelüberwachung, mehr Augenmerk auf die Einfuhren zu legen.
Die Grünen üben scharfe Kritik an der fehlenden Herkunftskennzeichnung für Futtermittel, nötig sei strengere Produkthaftung. Gerade bei Futter werde gespart, um Kostendruck standhalten zu halten. Es könne nicht sein, dass hier Abfälle entsorgt würden.
Einen Skandal kann sich Österreich kaum leisten. Jeder fünfte in der Landwirtschaft erzielte Euro kommt aus Geschäften mit dem Schwein. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei satten 40 Kilo. (Birgit Baumann, Verena Kainrath/DER STANDARD, Printausgabe, 12. Jänner 2011)