Bild nicht mehr verfügbar.

Angetrunken im Cockpit: Luftwaffenchef Blasik.

Foto: APA/EPA/Borowiak

Bild nicht mehr verfügbar.

Fühlt sich verspottet: Jaroslaw Kaczynski.

Foto: AP/Sokolowski

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto:Mikhail Metzel, file/AP/dapd

Polens Luftwaffenchef Andrzej Blasik ist nach Ansicht der russischen Untersuchungskommission hauptverantwortlich für den Absturz der Präsidentenmaschine bei Smolensk. Blasik hatte 0,6 Promille Alkohol im Blut.

Moskau/Warschau – Der alkoholisierte Luftwaffenchef Polens, General Andrzej Blasik, sei schuld an der Flugzeugkatastrophe vom April 2010, bei dem Polens Präsident Lech Kaczyñski und weitere 95 Menschen im westrussischen Smolensk ums Leben kamen. Er habe die Piloten trotz dichten Nebels zur Landung gezwungen. Zu diesem Schluss kam die Zwischenstaatliche Luftfahrtkommission (MAK) in Moskau, die am Mittwoch den Abschlussbericht zu den Unfallursachen vorstellte.

Polens Regierung hatte wesentlich später mit dem Dokument gerechnet. Noch vor einem Monat hatte sie eine 150 Seiten umfassende Stellungnahme zum vorläufigen Untersuchungsbericht nach Moskau geschickt. Premier Donald Tusk brach am Mittwoch seinen Urlaub in den Dolomiten ab. Er hatte den vorläufigen Bericht als inakzeptabel bezeichnet.

MAK-Vorsitzende Tatjana Anodina stellte die Ursachenkette vor, die am Ende zum Absturz der Präsidentenmaschine führte. Die Piloten hätten vor dem Abflug in Warschau keine Informationen über die Wetterbedingungen in Smolensk gehabt und nicht geklärt, auf welchem Ausweichflughafen sie eventuell landen könnten. Später warnten die Fluglotsen mehrfach vor dem dichten Nebel in Smolensk, der eine Landung unmöglich erscheinen lasse. Aber, so betonte Anodina, bei außerordentlichen staatlichen Flügen liege die Entscheidungshoheit allein bei den Piloten.

MAK zeigte in der Pressekonferenz die filmische Rekonstruktion des Fluges und blendete in Echtzeit die Gespräche zwischen Piloten und Lotsen ein, die der Flugschreiber aufgezeichnet hatte: Der Protokollchef, dem die Piloten mitteilen, dass der Nebel eine Landung eigentlich unmöglich mache, informiert den Präsidenten. Doch dieser entscheidet nicht, welchen Ausweichflughafen – Minsk oder Witebsk – die Piloten ansteuern sollen. Daraufhin stöhnt der erste Pilot Arkadiusz Protasiuk: "Ich weiß nicht, wenn wir nicht landen, wird er mir den Kopf abreißen." Protokollchef Mariusz Kazana fordert die Piloten auf, die "psychologischen Reserven zu mobilisieren".

Als im Cockpit Luftwaffenchef Blasik erscheint, steigt der Druck auf die Piloten. "Im Blut von General Blasik wurden 0,6 Promille Alkohol entdeckt", erklärte Anodina. Blasiks Risikoeinschätzung sei herabgesetzt gewesen. Zudem verböten die Vorschriften die Anwesenheit von Passagieren im Cockpit während der Landephase.

Anodina zufolge kreisten die polnischen Piloten mehrmals über dem Flughafen, informierten nicht über den Landeanflug, bekamen infolgedessen auch keine Landegenehmigung. Sie verließen sich allein auf die Instrumente an Bord, ignorierten aber nicht nur die Warnungen der Lotsen, sondern auch die des Warnsystems an Bord. Als dieses "Pull up! Pull up" meldete, versuchte der Pilot, die Tupolew 154 noch hochzureißen. Aber es war zu spät.

Jaroslaw Kaczyñski, Ex-Premier und Bruder des tödlich verunglückten Präsidenten, hält den MAK-Bericht für eine Ansammlung von Spekulationen ohne jede Faktengrundlage und eine "Verspottung Polens". Die Lotsen hätten 14 Sekunden zu spät vor der niedrigen Flughöhe gewarnt. Das sei die wahre Ursache des Unfalls. (Gabriele Lesser aus Warschau/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2011)