Wien - Die SPÖ hat beim heutigen Parteipräsidium die Weichen in Richtung Freiwilligenheer gelegt. Das machten Parteichef Werner Faymann und Verteidigungsminister Norbert Darabos am Mittwoch nach einem rund vierstündigen Parteipräsidium klar. Der Zivildienst, der mit dem Wegfall der Wehrpflicht ebenfalls auslaufen würde, soll durch ein Freiwilliges Sozialjahr ersetzt werden, das zu keinen höheren Kosten führen würde, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer ausführte.
Eine endgültige Festlegung in Richtung Freiwilligenheer traf Faymann freilich auch am Mittwoch nicht. Der Kanzler betonte aber, dass die SPÖ "weitgehend geschlossen" dafür eintrete, einem Ersatz der Wehrpflicht "besonderes Augenmerk zu schenken". Darabos unterstrich, es kristallisiere sich heraus, dass Alternativen zum jetzigen Wehrsystem "durchaus wünschenswert" seien.
Darabos: Freiwilligenarmee nicht teurer
Eine Freiwilligenarmee werde nicht teurer, möglicherweise sogar etwas billiger als das derzeitige System, sagte Verteidigungsminister Norbert Darabos. Dies habe man "seriös durchgerechnet". Bundeskanzler Werner Faymann erklärte, eine mögliche Umstellung auf ein Freiwilligenheer könne es frühestens 2012 geben.
Darabos sagte, die durchgerechneten Modelle würden demnach 10.000 Soldaten für Katastropheneinsätze, 1.000 Soldaten für Auslandseinsätze sowie die Abdeckung für die theoretische Möglichkeit der Landesverteidigung mit einbeziehen. Ein Kostenwegfall würde auch dadurch entstehen, dass man bei einem Freiwilligenheer keine Grundwehrdiener mehr ausbilden müsste, so Darabos.
Faymann: Volksbefragung nicht unbedingt notwendig
Gefragt, ob man auf jeden Fall eine Volksbefragung brauche, sagte Faymann, wenn alle Parteien der selben Auffassung seien, sei eine solche nicht unbedingt notwendig. Grundsätzlich sei seine Auffassung aber, dass man mit Volksbefragungen großzügiger umgehen könnte. Darabos zeigte sich überzeugt davon, genügend Personen für ein Freiwilligenheer bekommen zu können. Man werde auch Anreizsysteme schaffen, etwa finanzielle Anreize in Sachen Ausbildung aber auch Unterstützung bei der Rückkehr in die Privatwirtschaft. Details dazu wollte der Ressortchef vorerst noch nicht bekanntgeben.
Varianten des Bundesheeres werden nächste Wochen vorgestellt
Die möglichen Varianten für die Zukunft des Bundesheeres will Darabos, wie mehrfach angekündigt, kommende Woche vorlegen. Bevor es eine endgültige Entscheidung gebe, würden aber noch Gespräche mit dem Koalitionspartner geführt, versicherte Faymann. Offen zeigte sich der SPÖ-Chef gegenüber einer Volksbefragung, die für Darabos jedenfalls notwendig ist. Die Frage der Wehrpflicht sei "unbedingt" unter Einbindung der Bevölkerung zu beantworten.
Während die SPÖ bezüglich des künftigen Bundesheermodells in der Pressekonferenz nach dem Parteipräsidium noch eher vage blieb, präsentierte Hundstorfer für den Zivildienstersatz schon ein recht konkretes Konzept.
FPÖ hält an Wehrpflicht fest
FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hält weiter an der Wehrpflicht fest, hat aber auch keine Angst vor einer Volksabstimmung über diese Materie. "Ich bin überzeugt, dass sich bei einer direkten demokratischen Abstimmung die Österreicher für die Wehrpflicht aussprechen werden", sagte er am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Zugleich attackierte der FPÖ-Chef Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), der das Bundesheer abschaffen wolle. Das BZÖ sprach sich indessen für eine Aussetzung der Wehrpflicht aus.
"Die FPÖ bekennt sich aus tiefster Überzeugung zur Wehrpflicht", begann Strache seine Ausführungen. Das derzeitige Modell sei das kosteneffizienteste und nicht das teuerste, wie behauptet werde. So würde nämlich eine zeitgleiche Abschaffung des Zivildienstes etwa den Rettungsorganisationen erhebliche Mehrkosten schaffen. Ein weiteres Argument: Durch den Ausfall der Miliz gäbe es keine Mobilisierungsmöglichkeiten mehr. Auch fehlende Bedrohungsszenarien seien kein Grund für eine Abschaffung, hier verhalte es sich wie mit einer Brandschutzversicherung. Diese kündige man auch nicht, nur weil es schon lange nicht mehr gebrannt habe.
BZÖ sieht in Abschaffung der Wehrpflicht gesamteuropäischen Trend
BZÖ-Chef Josef Bucher ist "sehr angetan" von einer Aussetzung der Wehrpflicht. Das entspreche dem gesamteuropäischen Trend. Ein Berufsheer würde außerdem eine "qualitative Verbesserung" bringen. Selbstverständlich dürfe dies nicht zur Abschaffung des Heeres führen. Bucher sieht auch finanziellen Spielraum: Zusätzlich zu den 800 Mio. Euro, die die allgemeine Wehrpflicht derzeit koste, müsse man an die 300 Mio. Euro denken, die durch die Wehrpflicht an Steuern und Abgaben derzeit dem Staat entgehen, die auch für die Finanzierung eines Berufsheeres zur Verfügung stünden, wie er am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Wien ausführte. (APA)