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Leiharbeiter wissen oft nicht, an wen sie sich mit ihren Anliegen wenden sollen. Fakt ist: Erster Ansprechpartner ist ihr Arbeitgeber, der Personaldienstleiser. Für den Bereich Arbeitnehmerschutz vor Ort ist der Beschäftiger-Betrieb zuständig.

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Kurt Zach, Arbeitsrechtsexperte der Arbeiterkammer Niederösterreich, kennt die Probleme der Leiharbeiter: Im Krankheitsfall oder bei Stehzeiten werden sie von manchen Personaldienstleistern zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses gedrängt.

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In Österreich sind rund zwei Prozent der unselbständig Erwerbsstätigen ausgelagerte Arbeitskräfte. In konkreten Zahlen: Mit Stichtag 31. Juli 2010 gab es rund 66.000 Zeitarbeiter, die Tendenz ist steigend. Üblicherweise schließen die Leiharbeiter dabei ein unbefristetes Dienstverhältnis mit einer Personalleasing-Firma ("Überlasser") ab, welche die Arbeitskräfte an einen Betrieb ("Beschäftiger") weiter vermittelt.

Wer aber ist rechtlich für die Zeitarbeiter verantwortlich? "Man ist als Leiharbeiter "Diener zweier Herren", gerade darin liegt das Problem", weiß Arbeitsrechtsexperte Kurt Zach von der Arbeiterkammer Niederösterreich. Grundsätzlich trägt zwar der Personaldienstleister die vollen arbeits- und sozialrechtlichen Pflichten eines Arbeitgebers. In der Praxis wird jedoch immer wieder versucht, diese zu umgehen und sich aus der Affäre zu ziehen.

Arbeitnehmerschutz vor Ort

Obwohl die Personalleasingfirma also rechtlich die Verantwortung trägt und für den Zeitarbeiter erster Ansprechpartner ist, kann sich auch der jeweilige Beschäftiger-Betrieb gewissen Pflichten nicht entziehen. Diese betreffen vor allem die Einhaltung der Rechte des Zeitarbeiters vor Ort im Arbeitsalltag, Stichwort Arbeitnehmerschutz. Dieser umfasst zum Beispiel Schutz vor Lärm, das zur Verfügungstellen von Schutzbekleidung oder die Einhaltung der Arbeitszeiten. In letzter Konsequenz ist es aber wiederum Sache des Personaldienstleisters, sich um die Bewahrung dieser Rechte zu kümmern. Werden Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes verletzt und hilft auch eine Aufforderung zur Besserung nichts, müsste die Überlassung des Zeitarbeiters an den jeweiligen Betrieb beendet werden.

Beschäftiger haftet im Ernstfall für Gehaltszahlung

Leiharbeiter erhalten ihr Gehalt in der Regel von ihrem Dienstgeber, dem Personaldienstleister. "Im Ernstfall, etwa wenn der Überlasser nicht zahlt, kann aber auch der Beschäftiger haften", erklärt Remo Sacherer, Rechtsanwalt und Partner der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Mosati sowie Mitarbeiter am Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Ein Unternehmen, das Leiharbeiter einstellen möchte, sollte sich daher unbedingt einen seriösen Personaldienstleister aussuchen. "Viele Betriebe lassen sich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von der Sozialversicherung oder vom Finanzamt ausstellen, um sich der Seriosität des Unternehmens zu versichern", so der Jurist.

Personaldienstleister zahlt Krankengeld

Da der Personaldienstleister alle Pflichten eines Arbeitgebers über hat, fallen auch Themen wie Urlaub und Krankenstand in seinen Aufgabenbereich. In der Praxis werden solche Angelegenheiten aber nicht selten vor Ort im Betrieb geregelt. "Der Zeitarbeiter weiß oft nicht, an wen er sich in solchen Fällen wenden soll", sagt Zach. Fakt ist, dass zum Beispiel im Falle einer Krankheit der Personaldienstleister rechtlich zur Fortzahlung des Krankengeldes verpflichtet ist.

Die Erfahrung zeigt aber: Erkrankte Arbeitnehmer werden immer wieder dazu gedrängt, das Dienstverhältnis einvernehmlich zu lösen. Im Gegenzug wird angeboten, den Leiharbeiter nach der Gesundung wieder einzustellen. Arbeitsrechtsexperte Zach erinnert sich an einen besonders heiklen Fall: Der Zeitarbeiter musste schon zu Beginn des Dienstverhältnisses ein Papier unterzeichnen, welches eine einvernehmliche Auflösung ohne Datum festhielt. Als der Arbeitnehmer krank wurde, setzte man das aktuelle Datum ein, um sich vor der Zahlung des Krankengeldes zu drücken.

Keine Kündigung bei Stehzeiten

Auch wenn es zu Stehzeiten kommt, wenn also die Leistung des Zeitarbeiters in einem Betrieb nicht länger benötigt wird, kann es für den Arbeitnehmer ungemütlich werden. Zwar besteht eine eindeutige rechtliche Regelung: "Bei Wegfall eines Auftrages ist innerhalb der darauffolgenden fünf Tage rechtswirksam keine Kündigung möglich", erläutert Zach. Die Beratungsarbeit bei der Arbeiterkammer zeigt aber, dass manche Personaldienstleister auch in solchen Fällen auf eine einvernehmliche Auflösung des Dienstvertrages drängen, um sich der Verantwortung zu entziehen. Oder der Leiharbeiter wird auf "Zwangsurlaub" geschickt, um so die Zeit bis zum nächsten Auftrag zu überbrücken.

Betriebsrat nur fallweise zuständig

An wen können sich ausgelagerte Arbeitskräfte mit ihren Anliegen nun wenden? Erster Ansprechpartner ist der als Arbeitgeber fungierende Personaldienstleister. Für akute Probleme betreffend den Arbeitnehmerschutz vor Ort ist in erster Linie der jeweilige Betrieb zuständig. Hilfestellung kann auch der Betriebsrat des Personaldienstleister bieten - sofern es einen gibt.

Ob auch der Betriebsrat des Beschäftigers für Leiharbeiter zuständig ist, ist aus rechtlicher Sicht nicht geklärt. "Die Rechtsprechung besagt aber, dass dies nur der Fall ist, wenn die Zeitarbeit länger als sechs Monate dauert", erklärt Sacherer. In vielen Fällen stelle sich die Frage aber nicht, da viele Arbeitsverhältnisse dieser Art ohnehin kürzer als ein halbes Jahr dauern. (Maria Kapeller, derStandard.at, 17.1.2011)