Wien - Cay-Stefan Urbanek wird mit 1. Februar neuer kaufmännischer Direktor des Wiener Volkstheaters und folgt damit auf Thomas Stöphl, dessen seit 2008 laufender Geschäftsführervertrag per Jahreswechsel vorzeitig und einvernehmlich aufgelöst worden war. Der 1971 geborene Wiener wechselt aus dem ORF an das Theater. Beim ORF übernahm er mit dem Geschäftsführungswechsel 2007 die Büroleitung von Generaldirektor Alexander Wrabetz, zuletzt war er für Reorganisations- und Großprojekte des ORF verantwortlich, u.a. die Standortfrage.

Der Stiftungsvorstand der Volkstheater Privatstiftung, Franz Salzmann, der seit Stöphls Ausscheiden auch interimistisch die Geschäftsführung übernommen hatte, freute sich über die nach einer Ausschreibung zustande gekommene Entscheidung der Auswahlkommission (Stiftungsvorstand, Vorsitzende des Aufsichtsrates, künstlerischer Geschäftsführer und eine Personalberaterin): "Ich bin erleichtert, dass wir in sehr kurzer Zeit die Nachbesetzung regeln konnten und mit Cay-Stefan Urbanek einen neuen kaufmännischen Direktor zur Verfügung haben, der auf den zwei für das Theater in diesen Zeiten so wichtigen 'Instrumenten' Rechnungswesen und Marketing gleichermaßen gut spielen kann."

"Mit seiner Bestellung setzt das Volkstheater einen wichtigen Schritt hin zu einem kreativen, dynamischen und straff geführten Unternehmen. Nur so kann es seine Position als Theater der sozialen Aufmerksamkeit weiterhin erfolgreich wahrnehmen", freute sich der künstlerische Direktor Michael Schottenberg in einem vom Theater verbreiteten Statement über die Bestellung, "Kunst lebt auch von klugem und innovativem Management."

"Volkstheater ist kein Sanierungsfall"

Bezüglich seiner kommenden Aufgaben zitiert der neue, vorerst unbefristet engagierte kaufmännische Geschäftsführer in einem Interview mit der APA eine Aussage von Vizekanzler Pröll: "Wahrscheinlich müssen 60 Prozent der Maßnahmen ausgabenseitig erfolgen und 40 Prozent einnahmenseitig". Urbanek: "Das Volkstheater ist kein Sanierungsfall, sondern auf gutem Weg. Die Erlöse sind gesteigert worden. Das ist ein substanzieller Erfolg in dieser schwierigen Zeit. Das Haus muss beweisen, dass es diesen Weg erfolgreich fortsetzen kann."

Zuletzt war das Volkstheater durch eine Follow-Up-Überprüfung des Rechnungshofes in die Kritik geraten, bei der u.a. ein Abonnement-Rückgang von 32,4 Prozent im Zeitraum 2006 auf 2009 und eine Auslastung im Haupthaus von 60,1 Prozent in der Saison 2008/09 moniert worden war. Das Theater verwies daraufhin auf einen deutlich geringeren Abo-Rückgang, wenn man Spezialabonnements und Abos für das "Volkstheater in den Bezirken" einbezieht, sowie auf eine derzeitige Gesamtauslastung von 78 Prozent.

Die Auslastung sei "nur eine Kennzahl", und für ihre Steigerung "wird wahnsinnig viel schon richtig gemacht. Aber nicht jede Vorstellung ist voll", meinte Urbanek. Es gebe am Volkstheater keine Schulden, aber einen "geringfügigen Abgang". Ähnlich wie beim ORF hätte man mit Finanznöten zu kämpfen. "Ich wäre froh und glücklich, wenn es uns ebenso erfolgreich wie im ORF gelingen würde, die Politik von unserem Finanzbedarf zu überzeugen", meint er und verweist auf die seit Jahren nicht erhöhten Subventionen: "Da muss etwas getan werden." So müsse eine Sanierung des Gebäudes, das gegenwärtig eher den "Charme des Morbiden" verströme, in Angriff genommen werden. "Das kann sicher nicht aus Eigenem getragen werden." Schon Urbaneks Vorgänger Thomas Stöphl hatte das Ziel, 2014 zum 125-Jahres-Jubiläum das Haus "in neuem Glanz erstrahlen zu lassen".

Urbanek, verheiratet und Vater von zwei Söhnen, hat nach Studien in Wien und in den USA an der Wirtschaftsuniversität Wien ein BWL-Studium abgeschlossen. Seine berufliche Laufbahn startete er als Berater bei McKinsey, nach Stationen bei der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und der Deutschen Bank in London wechselte er 2003 in die Kaufmännische Direktion des ORF. Für sich selbst sieht Urbanek in dem neuen Job "eine große Chance, mich weiterzuentwickeln". Er verfüge über eine breite betriebswirtschaftliche Ausbildung, seine Affinität zum Theater sei schon familiär bedingt, sein Vater ist Kultur- und Medienjournalist, der Großvater war Schauspieler. Als Volkstheater-Zuschauer erinnert er sich an "typische Erlebnisse eines Theaterzuschauers: Mal gefällt einem etwas besser, mal weniger gut. Aber der Spielplan ist eine interessante Zusammenstellung und erfüllt die Aufgabe 'Stadttheater mit Anspruch' sehr gut. Ich vertraue dem künstlerischen Team und werde sicher nicht ins Künstlerische eingreifen, solange die Zahlen stimmen. Mir war es bisher ein Vergnügen, in dieses Theater zu gehen. Ich hoffe, es wird ein noch größeres werden." (APA)